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APOSTOLISCHE REISE VON PAPST FRANZISKUS
NACH MOSAMBIK, MADAGASKAR UND MAURITIUS
(4.- 10. SEPTEMBER 2019)

BEGEGNUNG MIT DEN VERTRETERN DER REGIERUNG, DER ZIVILGESELLSCHAFT UND MIT DEM DIPLOMATISCHEN KORPS 

ANSPRACHE VON PAPST FRANZISKUS

Präsidentenpalast (Maputo)
Donnerstag, 5. September 2019

[Multimedia]


 

 

Herr Präsident,
sehr geehrte Mitglieder der Regierung  und des diplomatischen Korps,
werte Verantwortungsträger,
Vertreter der Zivilgesellschaft,
meine Damen und Herren!

Danke, Herr Präsident, für Ihre Begrüßungsworte wie auch für die freundliche Einladung zum Besuch Ihrer Nation. Ich freue mich, wieder in Afrika zu sein und meine Apostolische Reise in diesem Land zu beginnen, das mit Naturschönheiten gesegnet ist und einen großen kulturellen Reichtum besitzt, welcher mit der wohlbekannten Lebensfreude Ihres Volkes die Aussicht auf eine bessere Zukunft verheißt.

Herzlich grüße ich die hier anwesenden Mitglieder der Regierung und des diplomatischen Korps sowie die Vertreter der Zivilgesellschaft. Mit Ihnen möchte ich das ganze Volk Mozambiks einbeziehen und es herzlich begrüßen, das uns vom Fluss Rovuma bis Maputo die Türen öffnet, um eine neue Zeit des Friedens und der Versöhnung zu beginnen.

Meine ersten Worte der Verbundenheit und Solidarität möchte ich an alle richten, die vor kurzem von den tropischen Wirbelstürmen Idai und Kenneth heimgesucht wurden. Die verheerenden Folgen lasten weiterhin auf vielen Familien, vor allem an den Orten, wo ein Wiederaufbau bisher nicht möglich war und dieser besondere Sorgfalt erfordert. Leider werde ich nicht persönlich zu euch kommen können. Doch ihr sollt wissen, dass ich eure Not und euren Schmerz teile sowie den Einsatz der katholischen Gemeinschaft bei der Bewältigung einer so gravierenden Situation begleite. Inmitten der Katastrophe und der Trostlosigkeit bitte ich die göttliche Vorsehung, dass die zivilen Kräfte und sozialen Dienste es nicht an Sorge fehlen lassen werden, die Menschen in den Vordergrund zu stellen und den nötigen Wiederaufbau anzugehen.

Ich möchte auch meine Wertschätzung und die des Großteils der internationalen Gemeinschaft für die Anstrengungen zum Ausdruck bringen, die seit Jahrzehnten unternommen werden, um zu friedlichen Verhältnissen zurückzukehren und die besseren Wege der Versöhnung zu beschreiten, um die Schwierigkeiten und Herausforderungen, denen Sie als Nation begegnen, anzupacken. In diesem Geist und mit diesem Vorsatz haben Sie vor ungefähr einem Monat in den Gorongosa-Bergen ein Abkommen zur endgültigen Einstellung der militärischen Feindseligkeiten zwischen mosambikanischen Brüdern unterzeichnet. Es ist ein Meilenstein, den wir in der Hoffnung begrüßen, dass er entscheidend ist, und wurde von mutigen Personen auf dem Weg zum Frieden vereinbart, der mit Allgemeinen Friedensabkommen von Rom im Jahr 1992 begonnen wurde.

Wie viele Dinge sind seit der Unterzeichnung jenes historischen Abkommens geschehen, das den Frieden besiegelt und seine ersten Früchte gezeigt hat! Diese Früchte stärken die Hoffnung und geben Zuversicht, dass man nicht zulasse, Geschichte in der Weise eines Bruderkriegs zu schreiben, sondern in der Fähigkeit, sich als Brüder zu begreifen, als Kinder der gleichen Erde und als Verwalter eines gemeinsamen Erbes. Der Mut zum Frieden! Das ist ein Mut hoher Qualität, nicht der der rohen Gewalt und der Nötigung, sondern jener, der sich in der unermüdlichen Suche des Gemeinwohls betätigt (vgl. Paul VI., Botschaft zum Weltfriedenstag 1973).

Sie kennen das Leiden, die Trauer und die Trübsal, aber Sie wollten nicht Rache und Vergeltung zu dem Kriterium machen, das die menschlichen Beziehungen regelt, oder dem Hass und der Gewalt das letzte Wort geben. Wie schon mein Vorgänger der heilige Johannes Paul II. während seines Besuchs in Ihrem Land im Jahr 1988 anmerkte, führt der Krieg dazu, dass »viele Männer, Frauen und Kinder leiden, weil sie kein Haus haben, in dem sie wohnen können, keine ausreichende Nahrung, keine Schulen zum Lernen, keine Krankenhäuser zur Gesundheitspflege, keine Kirchen, in denen man zum Gebet zusammenkommen kann, und keine Felder, auf denen man die Arbeitskraft einsetzen kann. Viele Tausende von Personen sind auf der Suche nach Sicherheit und Mitteln zum Überleben zum Ortswechsel gezwungen; andere flüchten in die Nachbarländer. […] „Nein zur Gewalt und Ja zum Frieden!“« (Ansprache an den Präsidenten der Republik Mosambik und die übrigen Repräsentanten von Staat und Regierung, 16. September 1988, Nr. 3, in: L’Osservatore Romano [dt.], 18. Jg. [1988], Nr. 45, S. 10).

Während all dieser Jahre haben Sie erfahren, dass die Suche nach einem dauerhaften Frieden – eine Aufgabe, die alle miteinbezieht – ein hartes Stück Arbeit erfordert, das mit Beständigkeit und ohne Pause zu verrichten ist, denn der Frieden ist »wie eine zarte Blume, die versucht, mitten unter den Steinen der Gewalt aufzugehen« (Botschaft zum Weltfriedenstag 2019). Es ist daher erforderlich, dass mit Entschiedenheit, doch ohne Fanatismus, mit Mut, doch ohne Hysterie, mit Beharrlichkeit, doch auf intelligente Weise weiter verkündet wird: Nein zur Gewalt, die zerstört, ja zum Frieden und zur Versöhnung.

Wie wir wissen, ist der Friede nicht nur die Abwesenheit von Krieg, sondern der unermüdliche Einsatz – vor allem von Menschen, die Ämter von höherer Verantwortung bekleiden –, die oft vergessene und unbeachtete Würde unserer Brüder und Schwestern anzuerkennen, zu gewährleisten und konkret wiederherzustellen, damit sie sich als Hauptakteure des Schicksals ihrer Nation empfinden können. Wir dürfen die Tatsache nicht aus dem Auge verlieren, dass »ohne Chancengleichheit die verschiedenen Formen von Aggression und Krieg einen fruchtbaren Boden [finden], der früher oder später die Explosion verursacht. Wenn die lokale, nationale oder weltweite Gesellschaft einen Teil ihrer selbst in den Randgebieten seinem Schicksal überlässt, wird es keine politischen Programme, noch Ordnungskräfte oder Intelligence geben, die unbeschränkt die Ruhe gewährleisten können« (Apostolisches Schreiben Evangelii gaudium, 59).

Der Frieden hat die Entwicklung in Mosambik in verschiedenen Bereichen möglich gemacht. Vielversprechend sind die erreichten Fortschritte in der Bildung und im Gesundheitswesen. Ich ermutige Sie, die Arbeit zur Konsolidierung der Strukturen und Einrichtungen weiterzuführen, die notwendig sind, damit niemand sich im Stich gelassen fühlt, und das gilt besonders für die jungen Menschen, die einen großen Teil der Bevölkerung ausmachen. Sie sind nicht nur die Hoffnung dieses Landes, sie sind die Gegenwart, die danach verlangt, sucht und das Bedürfnis hat, würdige Straßen zu finden, die es ihnen erlauben, alle ihre Talente zu entwickeln; sie sind ein Potential, um die so ersehnte soziale Freundschaft auszusäen und heranwachsen zu lassen.

Eine Kultur des Friedens verlangt »einen fortschreitenden Prozess, an dem sich jede neue Generation beteiligen muss« (ebd., 220). Daher muss die Entwicklung eine Kultur der Begegnung fördern und von ihr ganz eingenommen werden: sie muss den Nächsten anerkennen, Bande knüpfen, Brücken bauen. In diesem Sinn ist es wesentlich, dass die Erinnerung lebendig gehalten wird, denn sie ist der Weg, der Zukunft erschließt, der Pfad, auf dem man zu gemeinsamen Zielen aufbricht, Werte und Ideen miteinander teilt, mit denen die Fach-, Gruppen- oder Teilinteressen überwunden werden. Auf diese Weise werden die Reichtümer Ihrer Nation in den Dienst aller und besonders der Ärmsten gestellt. Sie haben eine historische Aufgabe zu erfüllen, die Mut erfordert: Lassen Sie in Ihrem Einsatz nicht nach, solange es Kinder und Jugendliche ohne Schulbildung, obdachlose Familien, beschäftigungslose Arbeiter, Bauern ohne Land gibt … Das sind die Grundlagen für eine hoffnungsvolle Zukunft, eine Zukunft in Würde! Das sind die Waffen des Friedens!

Der Friede lädt uns auch ein, für unser gemeinsames Haus zu sorgen. Unter diesem Gesichtspunkt ist Mosambik ein gesegnetes Land, und besonders Sie hier sind eingeladen, sich dieses Segens anzunehmen. Der Schutz der Erde ist zugleich Schutz des Lebens, der besondere Aufmerksamkeit verlangt, wenn man eine Neigung zum Rauben und Plündern feststellt, die getrieben ist von einer Raffgier, die weder der örtlichen Bevölkerung üblicherweise eigen ist, noch dem Allgemeinwohl Ihres Volkes dient. Eine Kultur des Friedens bringt eine produktive, nachhaltige und inklusive Entwicklung mit sich, durch die jeder Einwohner Mosambiks erfahren kann, dass dieses Land sein ist, und dank der er geschwisterliche und gleichberechtigte Beziehungen mit seinem Nachbarn und seiner ganzen Umgebung knüpfen kann.

Herr Präsident, verehrte Autoritäten! Sie alle sind Erbauer des schönsten Werks, das man errichten kann: eine Zukunft in Frieden und Versöhnung, welche die Garantie für das Recht Ihrer Kinder auf Zukunft sind. Ich bitte Gott, dass in dieser Zeit meines Aufenthalts bei Ihnen auch ich – in Gemeinschaft mit meinen Mitbrüdern im Bischofsamt und der pilgernden katholischen Kirche in diesem Land – dazu beitragen kann, dass der Frieden, die Versöhnung und die Hoffnung endgültig unter Ihnen walten.

 



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