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APOSTOLISCHE REISE VON PAPST FRANZISKUS NACH RUMÄNIEN
(31. MAI - 2. JUNI 2019)

BEGEGNUNG MIT DEM STÄNDIGEN SYNOD DER RUMÄNISCH-ORTHODOXEN KIRCHE

ANSPRACHE VON PAPST FRANZISKUS

Patriarchenpalast (Bukarest)
Freitag, 31. Mai 2019

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Eure Heiligkeit,
ehrwürdige Metropoliten und Bischöfe des Heiligen Synods,

Cristos a înviat! [Christus ist auferstanden!] Die Auferstehung des Herrn ist das Herz der apostolischen Verkündigung, die von unseren Kirchen weitergegeben und gehütet wird. Am Ostertag freuten sich die Apostel, da sie den Auferstandenen sahen (vgl. Joh 20,20). In dieser Osterzeit freue auch ich mich darüber, liebe Brüder, einen Widerschein davon in euren Gesichtern zu sehen. Vor zwanzig Jahren sagte Papst Johannes Paul II. vor diesem Heiligen Synod: »Ich bin gekommen, das in Ihre Kirche eingeprägte Antlitz Christi zu betrachten; ich bin gekommen, dieses leidende Antlitz zu verehren, das für Sie das Unterpfand einer neuen Hoffnung ist« (Johannes Paul II., Ansprache an den Patriarchen Teoctist und an den Heiligen Synod, 8. Mai 1999: Insegnamenti XXII,1 [1999], 938). Auch ich bin heute als Pilger, als Bruder und Pilger hierhergekommen mit dem Wunsch, das Antlitz des Herrn in den Gesichtern seiner Brüder und Schwestern zu sehen; da ich euch jetzt sehen darf, danke ich euch von Herzen für euren Empfang.

Die Bande des Glaubens, die uns verbinden, gehen auf die Apostel zurück, die Zeugen des Auferstandenen, insbesondere auf das Band, das Petrus und Andreas vereinte, der der Tradition nach den Glauben in diese Gegend brachte. Blutsverwandt (vgl. Mk 1,16-18) waren sie, in einzigartiger Weise, auch dadurch, dass sie für den Herrn ihr Blut vergossen haben. Sie erinnern uns daran, dass es eine Brüderlichkeit des Blutes gibt, die uns vorausgeht und wie ein ruhiger, lebensspendender Strom über die Jahrhunderte hinweg nie aufhörte, unserem Weg Fruchtbarkeit und Stärkung zu verleihen.

Wie es heutzutage noch vielerorts der Fall ist, habt ihr hier den österlichen Übergang vom Tod zur Auferstehung erlebt: Viele Söhne und Töchter dieses Landes, verschiedener Kirchen und christlicher Gemeinschaften, haben den Freitag der Verfolgung erlitten, den Samstag des Schweigens durchlaufen und schließlich den Sonntag der Neugeburt erlebt. Wie viele Märtyrer und Bekenner des Glaubens! Viele Menschen verschiedener Konfessionen waren in jüngerer Zeit Seite an Seite in den Gefängnissen und haben sich gegenseitig Halt gegeben. Ihr Beispiel steht uns und den jüngeren Generationen heute vor Augen, die diese dramatischen Verhältnisse nicht erlebt haben. Das, wofür sie gelitten haben, bis hin zur Hingabe ihres Lebens, ist ein zu wertvolles Erbe, um es zu vergessen oder zu entehren. Und es ist ein gemeinsames Erbe, das uns dazu aufruft, uns von den Brüdern und Schwestern nicht zu entfernen, die dieses Erbe mit uns teilen. In Schmerz und Leid sind wir mit Christus vereint und in der Auferstehung durch Christus vereint, damit wir »in der Wirklichkeit des neuen Lebens wandeln« (Röm 6, 4).

Eure Heiligkeit, lieber Bruder, vor zwanzig Jahren war das Treffen unserer Vorgänger ein österliches Geschenk, ein Ereignis, das nicht nur zum Wiedererblühen der Beziehungen zwischen Orthodoxen und Katholiken in Rumänien, sondern auch zum Dialog zwischen Katholiken und Orthodoxen im Allgemeinen beigetragen hat. Diese erste Reise eines Bischofs von Rom, die einem mehrheitlich orthodoxen Land galt, öffnete den Weg für andere ähnliche Ereignisse. In dankbarer Erinnerung möchte ich an dieser Stelle des Patriarchen Teoctist gedenken. Wie könnten wir den spontanen Ruf „Unitate, unitate!“ vergessen, der damals hier in Bukarest ertönte! Es war eine Botschaft der Hoffnung, die aus dem Volk Gottes hervorging, eine Prophetie, die eine neue Zeit einleitete: die Zeit eines gemeinsamen Unterwegsseins in der Wiederentdeckung und Erneuerung der Brüderlichkeit, die uns bereits verbindet. Und das ist schon unitate.

Gemeinsam gehen mit der Kraft der Erinnerung. Es geht dabei nicht um eine Erinnerung an erlittenes und zugefügtes Unrecht, an Urteile und Vorurteile, an Kirchenbanne, die uns in einem Teufelskreis einschließen und zu sterilen Verhaltensweisen führen, sondern um Erinnerung an die Wurzeln: an die ersten Jahrhunderte, als das Evangelium, das freimütig und in prophetischem Geist verkündet wurde, neuen Völkern und Kulturen begegnete und sie erleuchtete; an die ersten Jahrhunderte der Märtyrer, der Väter und der Bekenner des Glaubens; an die Heiligkeit, die täglich von vielen einfachen Menschen gelebt und bezeugt wird, die denselben Christus teilen; an die ersten Jahrhunderte des Freimuts und der Prophetie. Gott sei Dank sind unsere Wurzeln gesund, sie sind gesund und fest, und auch wenn das Wachstum über die Zeit nicht immer ungestört und geradlinig verlief, sind wir wie der Psalmist aufgerufen, uns dankbar daran zu erinnern, was der Herr an uns getan hat, und ihn – die Einen für die Anderen – zu loben und zu preisen (vgl. Ps 77,6.12-13). Die Erinnerung an die gemeinsam unternommenen Schritte ermutigt uns, weiter so in die Zukunft zu gehen, gewiss im Bewusstsein der Unterschiede, vor allem aber im Dank, der aus einer familiären Atmosphäre kommt, die freilich wiederentdeckt werden muss. Es bedarf auch einer Wiederbelebung der Erinnerung an die Gemeinschaft, die als Leuchte die Schritte unseres Weges erhelle.

Gemeinsam gehen im Hören auf den Herrn. Ein Beispiel dafür ist, was der Herr am Ostertag tat, als er mit den Jüngern unterwegs nach Emmaus war. Sie sprachen über das, was geschehen war, über ihre Bedenken, Zweifel und Fragen. Der Herr hörte ihnen geduldig zu und sprach offenherzig mit ihnen und half ihnen so zu verstehen und zu erkennen, was geschehen war (vgl. Lk 24,15-27).

Auch wir müssen gemeinsam auf den Herrn hören, vor allen in diesen Zeiten, wo die Wege der Welt zu schnellen sozialen und kulturellen Veränderungen geführt haben. Viele haben von der technologischen Entwicklung und dem wirtschaftlichen Wohlstand profitiert, aber die meisten blieben davon gnadenlos ausgeschlossen. Zugleich trug eine gleichmacherische Globalisierung dazu bei, den Völkern ihre Werte zu entreißen und die Ethik und das Zusammenleben zu schwächen, das in den letzten Jahren zudem durch ein wachsendes Gefühl der Angst kontaminiert wird, die, oft künstlich geschürt, zu Haltungen wie Abschottung und Hass führt. Wir müssen einander helfen, nicht den Verführungen einer „Kultur des Hasses“, einer Kultur des Individualismus nachzugeben, die, vielleicht nicht mehr ideologisch wie in den Tagen der atheistischen Verfolgung, dennoch verfänglicher und nicht weniger materialistisch ist. Oft stellt sie das als Fortschritt dar, was unmittelbar und erfolgversprechend wirkt, in Wirklichkeit aber gleichgültig und oberflächlich ist. Die Instabilität der Beziehungen, die schließlich zur Vereinsamung der Menschen führt, wirkt sich insbesondere auf die grundlegende Zelle der Gesellschaft, die Familie, aus und erfordert unser Bemühen, hinauszugehen und dem Mühen unserer Brüder und Schwestern, insbesondere der Jüngeren, entgegenzukommen, nicht entmutigend und nostalgisch, wie bei den Emmausjüngern, sondern mit dem Wunsch, den auferstandenen Jesus, die Mitte aller Hoffnung, zu vermitteln. Wir müssen gemeinsam mit dem Bruder neu auf die Worte des Herrn hören, damit unsere Herzen gemeinsam brennen und die Botschaft nicht verblasst (vgl. V. 32.35). Es ist nötig, dass der Heilige Geist mit seiner Kraft unser Herz erwärmt.

Wie in Emmaus erreicht der Weg sein Ziel durch das beharrliche Gebet, der Herr möge bei uns bleiben (vgl. VV. 28-29). Er, der sich im Brechen des Brotes offenbart (vgl. VV. 30-31), ruft uns zur Nächstenliebe, zum gemeinsamen Dienen auf; Gott zuerst mit Taten und dann erst durch Worte zu verkünden; im Guten nicht passiv zu sein, sondern bereit aufzustehen und loszugehen, aktiv und kooperativ zu sein (vgl. V. 33). Beispielhaft sind in dieser Hinsicht die vielen rumänisch-orthodoxen Gemeinden, die mit den vielen katholischen Diözesen Westeuropas, in denen sie vertreten sind, sehr gut zusammenarbeiten. In vielen Fällen hat sich ein gegenseitiges Vertrauens- und Freundschaftsverhältnis entwickelt, das auf der Brüderlichkeit aufbaut; und diese Freundschaft wird durch konkrete Gesten der Aufnahme, Unterstützung und Solidarität genährt. Durch diese gegenseitigen Kontakte haben viele rumänische Katholiken und Orthodoxe entdeckt, dass sie keine Fremden sind, sondern Brüder und Freunde.

Gemeinsam auf ein neues Pfingsten zugehen. Der Weg, der vor uns liegt, führt von Ostern zum Pfingsten: seit jener österlichen Morgenröte der Einheit, die hier vor zwanzig Jahren begann, sind wir auf dem Weg zu einem neuen Pfingsten. Für die Jünger markierte Ostern den Beginn eines neuen Weges, auf dem jedoch die Ängste und Unsicherheiten nicht verschwunden waren. So war es bis Pfingsten, als die Apostel, die sich um die heilige Gottesmutter versammelt hatten, in dem einem Geist und in einer Vielheit und einem Reichtum der Sprachen dem Auferstandenen mit dem Wort und mit ihrem Leben bezeugten. Unser Weg begann mit der Gewissheit, dass wir unseren Bruder neben uns haben, dass wir den Glauben teilen, der auf der Auferstehung des Herrn gründet. Von Ostern nach Pfingsten: Zeit, sich unter dem Schutz der heiligen Gottesmutter im Gebet zu versammeln, den Heiligen Geist füreinander anzurufen. Möge der Heilige Geist uns erneuern, der die Uniformität verschmäht und es liebt, die Einheit in der schönsten und harmonischsten Vielfalt zu gestalten. Sein Feuer verbrenne unser Misstrauen; sein Wind fege unsere Vorbehalte hinweg, die uns daran hindern, gemeinsam das neue Leben zu bezeugen, das er uns anbietet. Möge er, der schöpferische Gestalter der Brüderlichkeit, uns die Gnade schenken, gemeinsam voranzugehen; möge er, der Schöpfer des Neuen, uns mutig machen, neue Formen des Teilens und der Sendung auszuprobieren. Er, die Kraft der Märtyrer, helfe uns, damit ihr Opfer nicht durch uns um seine Fruchtbarkeit gebracht wird.

Eure Heiligkeit, liebe Brüder, lasst uns gemeinsam vorangehen, zum Lob der Heiligsten Dreifaltigkeit und zum gegenseitigen Wohl, um unseren Brüdern und Schwestern zu helfen, Jesus zu sehen. Ich erneuere meinen Dank an euch und versichere euch auch im Namen der Katholischen Kirche meiner Zuneigung, meiner Freundschaft, meiner Brüderlichkeit und meines Gebetes.

 



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