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ANSPRACHE VON PAPST FRANZISKUS
AUS ANLASS DER VERLEIHUNG DES INTERNATIONALEN JOURNALISTENPREISES
"BIAGIO AGNES"

Clementina-Saal
Montag, 4. Juni 2018

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Liebe Freunde!

Seien Sie herzlich willkommen! Ich begrüße Sie und danke Frau Dr. Simona Agnes sowie den Jury-Mitgliedern und Ihnen allen, die Sie hier anwesend sind und in verschiedenen Funktionen wichtige Rollen im Bereich der Kommunikation innehaben. Die Stiftung, die den Preis vergibt, trägt den Namen von Biagio Agnes, einem der bekanntesten Journalisten Italiens, Verteidiger des öffentlich-rechtlichen Auftrags der Medien, der sich mehrmals zur Rolle des Journalisten als Garant korrekter, zuverlässiger, authentischer und sorgfältiger Information geäußert hat.

Sie alle beherzigen seine Lehre und setzen sich vor allem persönlich für eine Kommunikation ein, die der Wahrheit den Vorzug zu geben weiß vor den Interessen von Einzelpersonen oder Verbänden. Während Sie beobachten, was von der Kulturwirtschaft produziert wird, weisen Sie die Gesellschaft mit diesem Preis auf Journalisten und Journalistinnen hin, die sich in der Ausübung ihres Berufes durch Verantwortlichkeit auszeichnen. Denn Journalist zu sein hat etwas mit der Formung der Personen zu tun, mit ihrer Weltsicht und ihrer Haltung gegenüber den Ereignissen. Es ist eine anspruchsvolle Arbeit, die gerade eine Zeit erlebt, die auf der einen Seite von der digitalen Konvergenz und auf der anderen Seite von der Wandlung der Medien selbst geprägt ist.

Bei meinen Apostolischen Reisen oder anderen Begegnungen sehe ich häufig die unterschiedlichen Produktionsweisen: von den klassischen Fernsehteams bis hin zu Jungen und Mädchen, die mit einem Handy eine Nachricht für ein Internetportal produzieren, oder auch vom traditionellen Radio bis hin zu mit dem Handy aufgenommenen Interviews.

All dies sagt uns, dass wir wirklich eine starke Wandlung der Formen und Ausdrucksweisen der Information erleben. Es ist mühsam, in diesen Wandlungsprozess einzutreten, aber es wird immer notwendiger, wenn wir weiterhin die jungen Generationen bilden und erziehen wollen. Ich sagte, dass es »mühsam« ist, und ich würde hinzufügen, dass eine weise Wachsamkeit notwendig ist. Denn es ist so, dass »die Dynamiken der Medien und der digitalen Welt, die, wenn sie sich in eine Allgegenwart verwandeln, nicht die Entwicklung einer Fähigkeit zu weisem Leben, tiefgründigem Denken und großherziger Liebe begünstigen. Die großen Weisen der Vergangenheit würden in diesem Kontext Gefahr laufen, dass ihre Weisheit inmitten des zerstreuenden Lärms der Informationen erlischt« (Enzyklika Laudato si’, 47).

Es gibt kein Rezept, aber ich würde drei Worte hervorheben: Peripherie, Wahrheit und Hoffnung. Peripherie. Sehr oft befinden sich die Brennpunkte der Nachrichtenproduktion in Großstädten. Das aber darf uns niemals die Geschichten jener Menschen vergessen lassen, die weit weg, abgelegen, in den Peripherien leben. Zuweilen sind dies Geschichten von Leid und Verfall, ein andermal sind es Geschichten großer Solidarität, die allen helfen können, einen neuen Blick für die Realität zu gewinnen.

Wahrheit. Wie wir alle wissen, ist ein Journalist aufgerufen, zu schreiben, was er denkt, was seinem bewussten, verantwortlichen Verständnis eines Ereignisses entspricht. Es ist notwendig, sehr hohe Ansprüche an sich selbst zu stellen, um nicht in die Falle eines durch Eigeninteresse oder Ideologie begründeten Konfrontationsdenkens zu geraten. In der heutigen Welt, in der alles schnell vor sich geht, ist es immer dringender notwendig, an die schwere, mühsame Regel vertiefter Recherche und Auseinandersetzung sowie, wenn notwendig, auch des Schweigens zu appellieren, bevor man anfängt, eine Person oder eine Personengruppe zu verletzen oder ein Ereignis zu delegitimieren. Ich weiß, wie schwierig das ist, aber die Geschichte eines Lebens versteht man am Ende, und das muss uns helfen, mutig und ich würde auch sagen prophetisch zu werden.

Hoffnung. Es geht nicht darum, über eine Welt ohne Probleme zu berichten: Das wäre eine Illusion. Es geht darum, Räume der Hoffnung zu eröffnen, während man Situationen des Verfalls und der Verzweiflung anprangert. Ein Journalist sollte nicht zufrieden mit sich sein aufgrund der bloßen Tatsache, dass er gemäß der eigenen freien und bewussten Verantwortung von einem Ereignis berichtet hat. Er ist aufgerufen, Raum offen zu halten für einen Ausweg, für Sinn, für Hoffnung.

Abschließend möchte ich an eine Initiative erinnern, die die »Stiftung Biagio Agnes« dank der Beharrlichkeit ihrer Präsidentin weiterführt: das populärwissenschaftliche Forum »Check-up für Italien«. Das auf eine Idee von Biagio Agnes zurückgehende Projekt hat das Ziel, medizinwissenschaftliche Themen zu vertiefen durch eine präzise Information, die der Verbreitung von selbst zusammengebastelten und ungenauen Informationen entgegenwirken soll, die man immer häufiger im Netz finden kann und die die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit sehr viel mehr anziehen als die Wissenschaft. Der Päpstliche Rat für die Kultur hat genau über diese Themen vor einigen Wochen eine Internationale Konferenz abgehalten. In dieser Hinsicht möchte ich daran erinnern, dass »eine verantwortungsbewusste und breite wissenschaftliche und gesellschaftliche Debatte gewährleistet werden [muss], die in der Lage ist, alle verfügbaren Informationen in Betracht zu ziehen und die Dinge beim Namen zu nennen. Mitunter wird nicht die gesamte Information auf den Tisch gelegt, sondern den eigenen Interessen entsprechend – seien sie politischer, wirtschaftlicher oder ideologischer Natur – selektioniert « (Laudato si’, 135). Nochmals danke ich Ihnen und beglückwünsche die Preisträger. Und bitte, denken Sie daran, für mich zu beten. Danke.

 


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