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BOTSCHAFT VON PAPST FRANZISKUS
ZUR 20. ÖFFENTLICHEN SITZUNG
DER PÄPSTLICHEN AKADEMIEN

 

 

Herrn Kardinal Gianfranco Ravasi
Präsident des Päpstlichen Rats für die Kultur
sowie des Koordinationsrates der
Päpstlichen Akademien

Mit aufrichtiger Dankbarkeit richte ich meinen herzlichen Gruß an Sie, Herr Kardinal, sowie an die verehrten Mitglieder der Päpstlichen Akademien anlässlich der 20. öffentlichen Sitzung. Dieses Ereignis hat ein erstes bedeutendes Ziel erreicht, zu dem ich Ihnen und den Präsidenten der Akademien gratuliere. Sie haben sich gemeinsam am Plan zur institutionellen Erneuerung beteiligt, der auf den Wunsch meines Vorgängers, des heiligen Johannes Paul II., zurückgeht und mit dessen Umsetzung 1995 begonnen wurde durch die Errichtung des Koordinationsrates für die sieben dazugehörenden Päpstlichen Akademien.

Zu den herausragenden Initiativen, die diesen gemeinsamen Weg in den Vordergrund rücken sollen, gehört der Preis, der jährlich an junge Wissenschaftler, an Künstler oder an Institutionen verliehen wird, die durch ihre Studien oder ihre Werke maßgeblich dazu beigetragen haben, in den verschiedenen Fachbereichen, in denen die Akademien tätig sind, den christlichen Humanismus und die Entwicklung der Religionswissenschaften zu fördern. Die jährliche Sitzung, ein nunmehr traditionell gewordenes Ereignis, ist eine günstige Gelegenheit, alle Akademiker zu versammeln und den oder die Empfänger des Preises der Päpstlichen Akademien zu verkünden und gemeinsam über ein bestimmtes Thema nachzudenken. Euch allen, die ihr bei dieser Feier anwesend seid – den Kardinälen, Bischöfen, Botschaftern, Akademikern und Freunden –, wünsche ich, dass diese Sitzungen stets der kulturellen und inneren Bereicherung dienen und Ansporn zu einem immer fruchtbringenderen persönlichen und gemeinschaftlichen Einsatz sein mögen, der in der Lage ist, in der Kirche das Verlangen nach einem erneuerten Humanismus zu wecken, der den Herausforderungen unserer Zeit gewachsen ist.

Ich beglückwünsche euch, insbesondere die Präsidenten der beiden Päpstlichen Akademien, die in diesem Jahr die Sitzung organisiert haben – der Päpstlichen Römischen Akademie für Archäologie und der Päpstlichen Akademie »Cultorum Martyrum« – zu dem gewählten Thema, da wir nunmehr wenige Wochen vor der Eröffnung des Jubiläums der Barmherzigkeit stehen. »Ad limina Petri: archäologische Spuren der Pilgerfahrt in den ersten Jahrhunderten des Christentums«: So lautet das interessante Thema eurer Begegnung, die uns auf den Beginn des Heiligen Jahres vorbereitet, indem sie zu Recht die Aufmerksamkeit auf die Pilgerfahrt als wesentliches Element des Jubiläums richtet. In der Verkündigungsbulle Misericordiae vultus habe ich ihre Bedeutung folgendermaßen hervorgehoben: »Die Pilgerfahrt ist ein besonderes Zeichen in einem Heiligen Jahr, denn sie ist das Symbol für den Weg, den ein jeder Mensch in seinem Dasein zurückzulegen hat. Das Leben selbst ist eine Pilgerreise und der Mensch ist ›viator‹, ein Pilger auf der Straße nach dem ersehnten Ziel. Auch um zur Heiligen Pforte in Rom oder einem der anderen Orte zu gelangen, muss ein jeder, entsprechend der eigenen Kräfte, eine Pilgerreise machen. Diese soll ein Zeichen dafür sein, dass auch die Barmherzigkeit ein Ziel ist, zu dem es aufzubrechen gilt und das Einsatz und Opfer verlangt. Die Pilgerfahrt soll darum Anreiz zur Umkehr sein. Wenn wir die Heilige Pforte durchschreiten, lassen wir uns umarmen von der Barmherzigkeit Gottes und verpflichten uns, barmherzig zu unseren Mitmenschen zu sein, so wie der Vater es zu uns ist.«

Eure Reflexion wird also dazu beitragen, die Bedeutung der christlichen Pilgerfahrt zu vertiefen, so wie sie aus den ältesten Zeugnissen hervorgeht, aus den Spuren, die die Pilger der christlichen Antike in den römischen Heiligtümern hinterlassen haben, begonnen bei jenen, die beim Grab Petri oder an der »Memoria Apostolorum « dokumentiert sind. Von den ersten Jahrhunderten der christlichen Zeitrechnung an sind die Wege der Pilger – aus dem Kleriker- ebenso wie aus dem Laienstand – durch zahlreiche Quellen gut dokumentiert. Dazu gehören die Graffiti, die sie an den von ihnen besuchten Orten, an den Gräbern der Märtyrer, hinterlassen haben. Aus diesen Zeugnissen wird der echte und großherzige Glaube jener ersichtlich, die sich mit großem Mut und unter vielen Opfern auf die Reise machen, um den Glaubenszeugen und ihren Gedenkstätten zu begegnen, ja sie mit eigener Hand zu berühren, um neue Begeisterung und innere Kraft zu schöpfen und den eigenen Glauben immer tiefer und konsequenter zu leben.

Die Pilgerreise ist auch eine Erfahrung der Barmherzigkeit, des Teilens und der Solidarität mit den Weggefährten sowie eine Erfahrung der Annahme und der Großherzigkeit von Seiten jener, die die Pilger aufnehmen und ihnen Beistand leisten. Das bezeugen all jene, die Teile der antiken Pilgerwege bewandert haben, die in unseren Tagen zur Recht neu entdeckt und neu angeboten werden. Zu den leiblichen Werken der Barmherzigkeit, auf die ich als eines der Merkmale des Heiligen Jahres verwiesen habe, gehört besonders die Aufnahme der Fremden. Der Blick auf die christliche Antike und auf die von den Pilgern hinterlassenen Spuren möge uns die Pflicht zur Aufnahme und zum Teilen in Erinnerung rufen, die in der Erfahrung des Pilgerns zum bewussten Weg der Umkehr und zum freudig gelebten Alltag wird. Ich hoffe aufrichtig, dass alle, die anlässlich des Heiligen Jahres nach Rom kommen oder die Pilgerfahrt zu den von den Ortskirchen vorgeschlagenen Zielen unternehmen werden, wie die Emmausjünger den Herrn als Weggefährten an ihrer Seite spüren mögen. Mögen sie so die Freude der Begegnung mit ihm ebenso wie mit den Brüdern und Schwestern erfahren, in denen er weiterhin gegenwärtig ist und zu uns spricht: »Ich war fremd und obdachlos und ihr habt mich aufgenommen… Was ihr für einen meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr mir getan « (Mt 25,35.40).

Ich möchte alle ermutigen und unterstützen, die sich bemühen, wertvolle Beiträge zur Forschung im historisch-archäologischen Bereich sowie in Bezug auf die Verehrung der Märtyrer zu leisten, die Gegenstand des diesjährigen Preises ist. So freue ich mich, den Preis der Päpstlichen Akademien zu gleichen Teilen zu verleihen an den portugiesischen Verein »Campo Arqueológico de Mértola«, vertreten durch Prof. Virgilio Lopes, für die in den letzten Jahren durchgeführten archäologischen Untersuchungen und ihre hervorragenden Resultate sowie an Dr. Matteo Braconi für die hervorragende Doktorarbeit zum Thema »Das Apsismosaik der Basilika Santa Pudenziana in Rom: Geschichte, Restaurierung, Interpretation«, die er an der Universität »Roma Tre« verteidigt hat. Als Zeichen der Ermutigung für die historische Forschung im religiösen Bereich verleihe ich außerdem die Pontifikatsmedaille an Frau Dr. Almudena Alba López für die Veröffentlichung Teología politica y polémica antiarriana [»Politische Theologie und antiarianische Polemik«] der Universität Salamanca. Abschließend wünsche ich den Mitgliedern der Akademien sowie allen Anwesenden eine fruchtbringende Arbeit in ihren jeweiligen Forschungsbereichen.

Ich vertraue alle und einen jeden von euch dem mütterlichen Schutz der Jungfrau Maria »Mater misericordiae« an, damit sie uns auf unserer täglichen Pilgerreise stets beistehen möge. Von Herzen erteile ich euch den Apostolischen Segen und bitte euch, für mich zu beten.

Aus dem Vatikan, am 10. November 2015

FRANZISKUS

 



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