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PAPST FRANZISKUS

FRÜHMESSE IM VATIKANISCHEN GÄSTEHAUS "DOMUS SANCTAE MARTHAE"
 

Die Hartherzigkeit besiegen

Donnerstag, 17. Januar 2018
 

(aus: L'Osservatore Romano, Wochenausgabe in deutscher Sprache, Nr. 11, 15. März 2019)

 

Bei der heiligen Messe in Santa Marta am Donnerstag, 17. Januar, warnte Papst Franziskus vor den kleinmütigen und ängstlichen Verschlossenheiten, vor der hartnäckigen, widerspenstigen  und rebellischen Ideologie und vor dem Doppelleben der Kompromisse aufgrund von Versuchungen und Verführungen. Der Papst unterstrich, wie notwendig die Anstrengungen seien, um »nicht in Richtung eines perversen Herzens abzugleiten« und mit dem Wort Gottes »zu wachsen«, »offen für das Wirken des Heiligen Geistes«.

Der Papst ging bei seinen Betrachtungen von der ersten Lesung aus: »Der Verfasser des Hebräerbriefs (3,7-14) sendet uns eine Botschaft. Es ist eine Warnung, ein Hinweis für unser Herz, für das Herz eines jeden von uns.« Eine »sehr klare Warnung: ›Gebt Acht, Brüder und Schwestern, dass keiner von euch ein böses, ungläubiges Herz hat, dass keiner vom lebendigen Gott abfällt.‹«

»Es ist hart«, so der Papst, »zu einer christlichen Gemeinschaft zu sagen: ›Seid vorsichtig, es kann unter euch jemand Gefahr laufen, ein perverses Herz zu haben.‹« Ja, so betonte Franziskus, »wir sind alle Christen, wir sind Priester, Schwestern, Bischöfe«, aber »alle, alle laufen wir diese Gefahr: abzugleiten, langsam in Richtung eines perversen Herzens abzurutschen«. »Es gibt drei Wörter«, sagte der Papst, »die uns helfen können, zu sehen, was der Theologe, der diesen Brief geschrieben hat, sagen will, was er uns sagen will: was ein böses, perverses Herz ist.«

»Das erste Wort« sei »hart«, die Härte des Herzens. Das zweite Wort, das er gebrauche, sei »Verbohrtheit «, genau genommen »Halsstarrigkeit«. Und »das dritte Wort ›Verführung‹«. Demnach seien »Härte, Verbohrtheit und Verführung die drei Worte, die uns helfen können, zu sehen, ob mein Herz zu dem degeneriert, was der Hebräerbrief das perverse Herz nennt«.

Zunächst beschäftigte sich der Papst mit der Frage der »Härte des Herzens« und stellte fest, dass »Jesus überall auf Menschen stieß, die seiner Botschaft gegenüber verschlossen waren«. Deshalb sage »der Evangelist Markus in einem Abschnitt «, dass Jesus »wegen ihrer Härte betrübt war«. Das also sei das »harte, verschlossene Herz, das Herz, das sein Wachstum abgeschlossen hat und nicht mehr wachsen will. Es geht in die Defensive, es verschließt sich: ›Aber mit meinen Ideen geht es mir gut, macht mir keine Geschichten.‹«

Der Papst merkte an, dass es »in unserem Leben aus vielen Gründen zur Härte des Herzens kommen kann, aus vielen Gründen, zum Beispiel aufgrund eines starken Schmerzes. Denken wir etwa an die Jünger von Emmaus: Sie waren verschlossen.« »Der Schmerz macht hart, die Schläge verhärten die Haut. Sie waren verschlossen, und als Jesus mit ihnen sprach, sagten sie: ›Nein, wir wollen nichts wissen. Ja, es waren Frauen dort, aber das sind Frauensachen. Die reden überall nur und schwätzen, und nein, wir gehen weit weg. Es war eine Niederlage. Punkt.‹« Praktisch »haben die Jünger von Emmaus ihre Herzen verschlossen, um nicht zu leiden«, weil »der Schmerz dich dazu bringen kann, das Herz zu verschließen, und der Schmerz verursacht noch viele andere Dinge«.

Franziskus fügte hinzu: »Aber auch der Apostel Thomas wollte keine Geschichten hören: ›Wir haben den Herrn gesehen!‹ – ›Ja, ja, ja. Aber wenn ich nicht anfasse, glaube ich nicht, ich glaube es nicht.‹« Eine »klare« Rede eines »Herzens, das durch Leiden hart geworden ist«. In diesem Zusammenhang, so der Rat des Papstes, »können wir uns fragen: Habe ich ein hartes Herz, ist mein Herz verschlossen? Lasse ich mein Herz wachsen? Habe ich Angst, dass es wachsen könnte?« Franziskus fügte hinzu: »Man wächst immer mit den Prüfungen, mit den Schwierigkeiten. Wir wachsen alle, wie wir als Kinder wachsen: Wir lernen laufen, indem wir hinfallen, vom Krabbeln bis zum Gehen… Wie oft sind wir da hingefallen! Aber man wächst durch die Schwierigkeiten.« Das sei die Bedeutung des Wortes »Härte«.

Und dasselbe gelte für die »Verschlossenheit«, die Haltung der »Kleinmütigen«: »Der Kleinmut ist bei einem Christen eine schlechte Haltung, ihm fehlt der Mut zum Leben. Er verschließt sich, er ist ein Kleinmütiger.« Franziskus riet, sich folgende Frage stellen: »Bin ich kleinmütig? Habe ich vor den Herausforderungen des Lebens Angst? Habe ich Angst, zu wachsen?«, im Bewusstsein, dass »ein kleinmütiges Herz pervers ist«.

»Das zweite Wort lautet ›Widerspenstigkeit‹«, fuhr der Papst fort, »niemand von euch soll halsstarrig sein«. Franziskus erinnerte daran, dass »Gott zu Ezechiel im zweiten Kapitel sagt: Das Volk, zu dem ich dich sende, ist ein trotziges Volk, ein rebellisches Volk.« Ja, »Widerspenstigkeit und Aufruhr gehören zusammen«. Das seien die Haltungen derer, die »Nein« sagen, die sagen: »Nein, ich glaube dies und ich denke das so.« Also: »Sie sind dickköpfig. Es ist die geistliche Dickköpfigkeit, die verschlossen ist in ihren eigenen Ideen, die sie verteidigt.«

Es handle sich hierbei um »das, was Stephanus denen vorwirft, die ihn dann steinigen werden: ›Ihr Halsstarrigen!‹« Praktisch, so der Papst, »sind es diejenigen, die nichts anderes hören wollen als das, was sie denken. Sie sind in ihrem eigenen Denken verschlossen und nicht offen für den Heiligen Geist: Das sind die Ideologen.« Im Übrigen, so erklärte Franziskus, »ist die Ideologie eine Starrköpfigkeit«. Und »das Wort Gottes, die Gnade des Heiligen Geistes ist keine Ideologie: Es ist Leben, das dich immer wachsen lässt, das dich vorwärts gehen und auch dein Herz für die Zeichen des Geistes, für die Zeichen der Zeit öffnen lässt.« Dagegen »ist der Starrsinn auch Stolz, er ist Hochmut«. Er lasse »jene Dickköpfigkeit « entstehen, »die so schlecht ist: im Herzen verschlossen, hart – erstes Wort –, das sind die Kleinmütigen, die Sturen, die Verbohrten, wie der Text sagt, es sind die Ideologen«.

»Aber habe ich ein hartnäckiges Herz?« So laute die Frage, über die ein jeder nachdenken solle: »Vermag ich anderen Menschen zuzuhören, und, wenn ich anders denke, zu sagen: ›Aber ich denke so darüber‹? Bin ich zum Dialog fähig?« »Die Verbohrten lassen sich auf keinen Dialog ein«, erklärte der Papst. Sie könnten das nicht, »weil sie sich immer mit den Ideen verteidigen, sie sind Ideologen«. Und »die Ideologien, wie sehr schaden sie doch dem Volk Gottes, wie sehr, weil sie gegenüber dem Wirken des Heiligen Geistes verschließen«.

»Das dritte Wort lautet ›Verführung‹«, betonte der Papst, der die Worte aus der ersten Lesung wiederholte: »Damit niemand von euch durch den Betrug der Sünde verhärtet wird.« Er räumte ein: »Das ist die häufigste Haltung«, und »wir alle wissen«, dass »die Versuchung eine Verführung ist: Paulus sagt: ›Ich wurde von der Sünde verführt‹ «, und dann, um es den Römern gut zu erklären, sagt er: ›Die Schlange verführte Eva.‹«

»Das schwache Herz muss erkennen, dass es jemanden gibt, der in sein Herz eindringen und es beherrschen will«, erklärte Franziskus. »Das ist unser täglicher Kampf gegen die Versuchungen, gegen die Verführungen.« Aber »der Teufel ist nicht dumm, er ist sehr intelligent, mehr als alle Theologen: der Teufel ist ein großer Theologe, aber ohne Glaube, voll Hass«. Und »er weiß, wie man in die Herzen der Menschen kommt und die Dinge vorschlägt«. Gerade »wie er es mit Eva tat«. Er »weiß es: er ist der große Verführer«.

»Unsere Versuchungen«, so der Papst, »kommen von dort her: Das böse, perverse Herz ist ein Herz, das sich verführen lässt, und die Verführung führt zur Halsstarrigkeit, zur Verschlossenheit und vielen anderen Dingen.« Und »was kann geschehen«, wenn man vom Teufel verführt wird? Bei den Hartherzigen führe es zum Kleinmut; bei den Verbohrten und den Rebellen zur Ideologie; »und bei der Verführung: entweder kehrst du um und änderst dein Leben, oder du versuchst, Kompromisse einzugehen«. Das bedeute praktisch: »Ein bisschen hier und ein bisschen da, ein bisschen hier und ein bisschen dort: ›Ja, ja, ich folge dem Herrn, aber ich mag diese Verführung, aber nur ein bisschen‹, und du beginnst, ein christliches Doppelleben zu führen.«

Dies sei ein Doppelleben der Kompromisse, und »um das Wort des großen Elija an das Volk Israel zu gebrauchen: Ihr hinkt auf beiden Beinen!« Ja, »auf beiden Beinen hinken, ohne festen Stand zu haben, das ist das Leben der Kompromisse: ›Ja, ich bin Christ, ich folge dem Herrn, ja, aber ich lasse das herein.‹« Gerade »so sind die Lauen, diejenigen, die immer Kompromisse eingehen: die Kompromiss-Christen«. Aber, warnte der Papst, »auch wir schließen Kompromisse: Wenn der Herr uns den Weg wissen lässt, auch bei den Geboten, auch bei der Inspiration durch den Heiligen Geist, doch mir gefällt etwas bestimmtes, und ich suche eine Art und Weise, zweigleisig zu gehen und hinke so auf beiden Beinen.«

Abschließend wiederholte Franziskus die drei Worte und den Inhalt des heutigen Abschnitts aus dem Hebräerbrief: »Gebt Acht, Brüder und Schwestern, dass keiner von euch ein böses, perverses Herz hat; ein verbohrtes Herz, das dich zum Aufruhr führt, das dich zur Ideologie führt; ein verführtes Herz, Sklave der Verführung, das dich zu einem Kompromiss-Christentum veranlasst.« Aus diesem Grund, so riet er, »wollen wir den Heiligen Geist bitten, dass er uns erleuchte, um kein perverses, böses Herz zu haben«.

 



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