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PAPST FRANZISKUS

FRÜHMESSE IM VATIKANISCHEN GÄSTEHAUS "DOMUS SANCTAE MARTHAE"
 

Weggefährten

Dienstag, 2. Oktober 2018
 

(aus: L'Osservatore Romano, Wochenausgabe in deutscher Sprache, Nr. 43, 26. Oktober 2018)

 

»Heute, am Festtag der Heiligen Schutzengel, begeht Schwester Pravina ihr 25-jähriges Ordensjubiläum. Wir wollen für sie beten, ich feiere die Messe für sie, und wir wünschen ihr weitere fünfundzwanzig Jahre, mindestens! Herzlichen Glückwunsch, Schwester Pravina!« Mit diesen Worten, die einer der Ordensfrauen der Töchter der Barmherzigkeit gewidmet waren, die in der Casa Santa Marta ihren Dienst tun, begann Papst Franziskus die heilige Messe am 2. Oktober. Ein Umstand – ein wichtiger Jahrestag im Leben einer geweihten Person –, der in die Betrachtungen des Papstes einfloss.

Im Mittelpunkt der Predigt stand die Gestalt des Schutzengels, den der Herr jedem Menschen zur Seite gestellt hat, damit er ihn auf dem Lebensweg begleite. Jeder Mensch habe einen »Gefährten «, einen »Beschützer«, den der Herr dem Menschen als Hilfe schenke, um ihn zum Aufstehen zu drängen, wenn er still steht; um ihm die Richtung zu weisen, wenn er den falschen Weg einschlägt. Doch versteht der Mensch den Reichtum dieses Geschenks? Und vor allem: Hört er auf die Stimme dieses besonderen Beschützers?

Die Betrachtung des Papstes ging von der Lesung vom Tag aus dem Buch Exodus (23,20-23) aus, in der »der Herr seinem Volk und uns allen, die wir auf dem Weg des Lebens unterwegs sind, eine ganz besondere Hilfe verheißt«. Es stehe geschrieben: »Siehe: Ich werde einen Engel schicken, der dir vorausgeht. Er soll dich auf dem Weg schützen und dich an den Ort bringen, den ich bestimmt habe.« Und die Kirche feiere nun diese »unsere Weggefährten, unsere Beschützer auf dem Weg: die Engel, die uns beschützen und wirklich mit uns auf dem Weg sind«. Denn, so der Papst, es sei wahr: »Das Leben ist ein Weg, und wir bedürfen der Hilfe, um ihn gut zu gehen, da es auf dem Weg Nachstellungen gibt und Gefahren lauern.« Ein Weg, auf dem der Mensch leicht die Koordinaten verlieren könne: »Wir brauchen einen Kompass, aber einen menschlichen Kompass oder einen Kompass, der dem menschlichen ähnelt und der uns hilft, dorthin zu blicken, wohin wir gehen müssen.« Vor allem müsse der Mensch einer ersten Gefahr entgegentreten: der Gefahr, »nicht zu gehen«. In der Tat, »wie viele Leute richten es sich bequem ein, gehen nicht voran und stehen das ganze Leben über still, ohne sich zu bewegen, ohne irgendetwas zu tun… Das ist eine Gefahr.« Dabei handle es sich um Situationen, die den im Evangelium beschriebenen ähnelten, wo von dem Mann die Rede sei, »der Angst hatte, das Talent einzusetzen und Frucht bringen zu lassen«.

Nachdem er es in der Erde vergraben habe, habe er zu sich selbst gesagt: »Jetzt bin ich in Frieden, jetzt bin ich ruhig. Ich werde keinen Fehler machen können. Auf diese Weise riskiere ich nichts.« Ebenso geschehe es vielen Leuten, die »nicht wissen, wie sie gehen sollen, oder die Angst haben, etwas zu riskieren und so im Stillstand verharren«. Aber »wir wissen, dass es in der Regel so ist: Wer im Leben stillsteht, wird letztendlich verderben wie das Wasser. Denn wenn das Wasser still steht, dann kommen die Mücken, legen ihre Eier und alles verdirbt. Alles.« Gerade in diesen Situationen, fügte der Papst hinzu, »hilft uns der Engel. Er drängt uns voranzugehen.«

Doch dies sei nicht die einzige Gefahr auf dem Wegs des Lebens. »Da gibt es eine weitere Gefahr«, die darin bestehe, »den falschen Weg einzuschlagen«. Auch diesbezüglich rief Franziskus Erfahrungen in Erinnerung, die allen Menschen gemeinsam seien: »Seien wir ehrlich: Wie oft haben wir den falschen Weg eingeschlagen, weil wir nicht auf den Rat unseres Weggefährten oder auf die Ratschläge unserer Brüder und Schwestern gehört haben!« Erneut werde dem Menschen aus einer Gewissheit heraus Trost zuteil: »Der Engel ist da, um uns zu helfen, nicht vom Weg abzukommen. Dafür ist er bei uns: Denn wenn du den falschen Weg einschlägst, dann ist es am Anfang leicht, das zu korrigieren. Doch nach vielen, vielen Jahren bist du weit weggegangen, zu einem anderen Ort als dem, zu dem du hättest gehen sollen.«

Der Papst setzte seine Betrachtungen fort und machte eine weitere gefährliche Haltung aus. Denn »es gibt da einige, die zwar unterwegs sind, allerdings nicht auf dem rechten Weg: Sie gehen auf dem Platz herum. Sie machen den Spaziergang des Lebens auf dem Platz. Und sie gehen da auf dem Platz herum, immer so. Und einige sind kreativer: Sie betreten den Platz, doch auf dem Platz wechseln sie dann beständig die Richtung wie in einem Labyrinth.« Wieder ein konkretes Bild, um zu warnen und eine innere geistliche Wirklichkeit verständlich zu machen: »Das Labyrinth bringt dich niemals zum Ziel. Du bleibst dort immer gefangen.« Daher komme es dann, dass der Mensch überzeugt sei: »Ich stehe nicht still, ich gehe«, während er nicht bemerke, dass er keineswegs »auf dem Weg« gehe. Auch in dieser Situation komme der Engel, um »uns zu helfen, auf dem Weg zu gehen«.

Gewiss, so erklärte der Papst, die Wirklichkeit des Engels müsse anerkannt werden: »Wir müssen zu ihm beten: ›Hilf mir!‹« Auch in der Schrift sei zu lesen: »Achte auf seine Gegenwart!« Denn »der Engel hat Vollmacht, er hat die Vollmacht, uns zu führen«, doch es sei notwendig, «auf ihn zu hören», es sei notwendig, »auf die Inspirationen zu hören, die immer vom Heiligen Geist kommen, doch es ist der Engel, der sie uns eingibt«. Nun wandte sich Franziskus direkt an die Anwesenden: »Ich möchte euch alle etwas fragen Sprecht ihr mit eurem Engel? Kennt ihr den Namen eures Engels? Hört ihr auf euren Engel? Lasst ihr euch auf dem Weg von ihm an der Hand nehmen oder euch drängen, euch in Bewegung zu setzen?« Es handelte sich um eine Ermahnung, um alle zu einem wichtigen Bewusstsein zu führen: »Die Gegenwart des Engels in unserem Leben ist nicht nur dazu da, um uns auf dem Weg zu helfen«, sondern auch, um »uns sehen zu lassen, wo wir ankommen müssen«.

Diesbezüglich rief der Papst auch das Evangelium vom Tag in Erinnerung (Mt 18,1-5-10), in dem Jesus angesichts der Jünger, die sich die Frage stellten: »Wer ist denn im Himmelreich der Größte?«, ein Kind nehme und »etwas sehr Schönes « sage. Er erkläre: »Das ist der Größte«, und fortfahrend fordere er dazu auf, »keinen von diesen Kleinen zu verachten, denn ihre Engel im Himmel sehen stets das Angesicht meines himmlischen Vaters«. Das sei ein wichtiges Detail: »Unser Engel«, unterstrich der Papst, »ist nicht nur bei uns, sondern er sieht Gott, den Vater. Er steht in Beziehung mit ihm. Er ist die tägliche Brücke, von der Stunde an, da wir aufstehen, bis hin zu dem Moment, da wir zu Bett gehen. Er begleitet uns und ist ein Band zwischen uns und Gottvater.« »Der Engel ist die tägliche Tür zur Transzendenz, zur Begegnung mit dem Vater«: Der Engel »hilft mir voranzugehen, weil er auf den Vater blickt und den Weg kennt«.

Daher die Ermahnung des Papstes – »Wir wollen diese Weggefährten nicht vergessen« – und der Rat: »Ein jeder soll nachdenken: Bete ich zu meinem Engel? Höre ich auf seine Inspirationen? Halte ich inne, wenn ich spüre, dass da etwas ist, das er mir sagt? Und weiß ich, bin ich sicher, dass er eine Brücke ist, um zum Vater zu gelangen, weil er den Vater sieht?« So lautete das abschließende Gebet des Papstes: »Möge der Herr uns allen an diesem Fest der Schutzengel die Gnade schenken, dieses Geheimnis der Fürsorge des Engels, der Begleitung auf dem Weg und der Betrachtung des Engels zu verstehen, der Betrachtung Gottes, des Vaters.«

 



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