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PAPST FRANZISKUS

FRÜHMESSE IM VATIKANISCHEN GÄSTEHAUS "DOMUS SANCTAE MARTHAE"
 

Gewissenserforschung

Dienstag, 4. September 2018
 

(aus: L'Osservatore Romano, Wochenausgabe in deutscher Sprache, Nr. 37, 14. September 2018)

 

Jeden Abend die »Gewissenerforschung« vorzunehmen als Gebet, um zu erkennen, ob uns während des Tages »der Geist Gottes oder der Geist der Welt« bewegt hat, ist eine entscheidende Übung in unserem »geistlichen Kampf«, die uns zum »Verständnis des Herzens« und »der Gesinnung Christi« führt. So lautete der Rat, den Papst Franziskus bei der heiligen Messe in Santa Marta am 4. September gab. Er rief in Erinnerung, dass »das Herz des Menschen wie ein Schlachtfeld ist«, auf dem »der Geist Gottes, der uns zu den guten Werken, zur Liebe, zur Brüderlichkeit führt«, und »der Geist der Welt«, »der uns dagegen zur Eitelkeit, zum Stolz, zur Überheblichkeit, zum Geschwätz bringt«, beständig im Kampf miteinander liegen.

»In der ersten Lesung«, merkte der Papst sogleich an und bezog sich dabei auf den Abschnitt aus dem ersten Brief an die Korinther (2,10-16), »lehrt der Apostel Paulus die Korinther den Weg dahin, die Gesinnung Christi zu haben, die Empfindungen Christi, jene Haltung, die die Haltung Christi war«: »Der Weg besteht darin, den empfangenen Geist in uns wirken zu lassen.« Der heilige Paulus nämlich schreibe: »Ihr alle, wir alle haben den Geist Gottes empfangen.«

»Es ist der Heilige Geist, der dich im Leben voranbringt«, erklärte Franziskus, »und er bringt dich zum Ziel, Jesus zu erkennen, dieselben Empfindungen wie Jesus zu haben.« In er Tat »können wir viel studieren, die Bibel studieren, die Geschichte studieren, Theologie studieren, doch das ist nicht der Weg, um zu den Empfindungen Jesu vorzustoßen: Das hilft, das hilft sehr, aber der wahre Weg besteht darin, sich vom Geist, vom Heiligen Geist voranbringen zu lassen.« »Es ist der Heilige Geist, der uns bis zum Herzen Jesu bringt, dahin, zu verstehen, wer Jesus ist, wie Jesus handelt, was Jesus will, was der Wille Jesu ist – das Herz Jesu verstehen.« Die Frage laute: »Wie können wir diesen Weg gehen?« Der heilige Paulus sage, dass »der seinen eigenen Kräften überlassene Mensch die Dinge des Geistes nicht versteht«. Also »bedürfen wir des Heiligen Geistes für diesen Weg, für diesen christlichen Weg«. Im Brief an die Korinther erkläre der Apostel auch, dass »wir nicht den Geist der Welt empfangen haben, sondern den Geist Gottes«. Tatsächlich, so der Papst, »gibt es zwei Geisteshaltungen, zwei Arten des Denkens, des Empfindens, des Handelns: jene, die mich zum Geist Gottes führt und jene, die mich zum Geist der Welt bringt«. Und »das geschieht in unserem Leben: Wir alle haben diese zwei ›Geister‹, sagen wir es so«. Da sei »der Geist Gottes, der uns zu den guten Werken führt, zur Liebe, zur Brüderlichkeit, dazu, Gott anzubeten, Jesus zu erkennen, viele gute Werke der Nächstenliebe zu tun, zu beten«. Doch da sei auch »der andere Geist der Welt, der uns zur Eitelkeit, zum Stolz, zur Überheblichkeit, zum Geschwätz bringt: ein ganz anderer Weg«.

»Unser Herz, so sagte ein Heiliger, ist wie ein ›Schlachtfeld, ein Schlachtfeld im Krieg, wo diese beiden Geister miteinander ringen‹, und er nannte das den ›geistlichen Kampf‹«, erinnerte der Papst. »Im christlichen Leben muss man kämpfen, um dem Geist Gottes Raum zu geben und den Geist der Welt zu verjagen, wie Jesus diesen Dämon ausgetrieben hatte«, erklärte Franziskus und bezog sich dabei auf den Abschnitt aus dem Tagesevangelium nach Lukas (4,32-37). Diesbezüglich riet Franziskus zu »einem schönen Gebet, das wir jeden Tag vor dem Schlafengehen verrichten können, das heißt ein wenig auf den Tag zurückzublicken« und uns zu fragen: »Welchem Geist bin ich heute gefolgt? Dem Geist Gottes oder dem Geist der Welt?« Der Papst erinnerte: »Das bedeutet, eine Gewissenserforschung vorzunehmen und im Herzen zu spüren, was in diesem inneren Kampf geschehen ist, wie ich mich dem Geist der Welt widersetzt habe, der mich zur Eitelkeit bringt, zu den niedrigen Dingen, zu den Lastern, zum Hochmut, zu alledem.«

Also: »Wie habe ich mich gegen die konkreten Versuchungen verteidigt?« Man müsse »die konkreten Versuchungen« erkennen. Und »das tut man als Gebet, vor dem Schlafengehen, Heute: Welche Empfindungen habe ich gehabt? Erforschen, welcher Geist mich zu jener Empfindung getrieben hat, der in mir jene Empfindung inspiriert hat: Ist es der Geist der Welt oder der Geist Gottes?« Wenn wir bei diesem abendlichen Gebet unser Gewissen erforschen, »werden wir, wenn wir ehrlich sind, oft feststellen, dass ›ich heute neidisch war, dass ich Begierde empfunden habe, dass ich dies und jenes getan habe‹«. Und »das ist der Geist der Welt«. Doch sei es angemessen, diese Empfindungen »zu erforschen, denn es ist wahr: In uns allen gibt es diesen Kampf. Doch wenn wir nicht begreifen, wie diese beiden Geister funktionieren, wie sie wirken, dann wird es uns nicht gelingen, mit dem Geist Gottes voranzugehen, der uns dazu führt, das Denken Christi, die Gesinnung Christi zu erkennen.«

Der Papst merkte an, dass es in Wirklichkeit »sehr einfach ist: Wir verfügen über dieses große Geschenk, das der Geist Gottes ist. Doch wir sind gebrechlich, wir sind Sünder und sind auch der Versuchung des Geistes der Welt ausgesetzt.« Und »in diesem geistlichen Kampf, in diesem Krieg des Geistes ist es notwendig, Sieger wie Jesus zu sein. Doch man muss wissen, welcher Weg einzuschlagen ist.« Gerade »aus diesem Grund ist die Gewissenserforschung so nützlich, am Abend noch einmal auf den Tag zurückzublicken und zu sagen: ›Ja, heute wurde ich hier versucht, heute habe ich dort gewonnen, der Heilige Geist hat mir diese Inspiration geschenkt.‹« Es gehe darum, »zu erkennen, was im Herzen vorgeht«.

Franziskus warnte: »Wenn wir das nicht tun, wenn wir nicht wissen, was in unserem Herzen vorgeht – und das sage nicht ich, das sagt die Bibel –, dann sind wir wie die ›Tiere, die nichts verstehen‹, sie gehen weiter, indem sie ihrem Instinkt folgen.« Doch »wir sind keine Tiere, wir sind Kinder Gottes, getauft mit der Gabe des Heiligen Geistes«. Und »aus diesem Grund ist es wichtig, zu verstehen, was heute in meinem Herzen vorgegangen ist. Der Herr möge uns lehren, immer, jeden Tag unser Gewissen zu prüfen.«

 



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