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PAPST FRANZISKUS

FRÜHMESSE IM VATIKANISCHEN GÄSTEHAUS "DOMUS SANCTAE MARTHAE"

 

An der Börse des Himmels

Freitag, 19. Juni 2015

 

aus: L'Osservatore Romano, Wochenausgabe in deutscher Sprache, Nr. 28, 10. Juli 2015

 

Die Reichtümer, die wirklich zählen, sind an der »Börse des Himmels« notiert. Und sie haben nichts gemeinsam mit der Logik der Habgier jener Menschen, die Reichtümer anhäufen, die letztendlich von »Motte und Wurm« zerstört werden,  aber auch Kriege hervorrufen können. Das wahre Geheimnis liege darin, sich als echte Verwalter zu erweisen, die alle Güter »in den Dienst der anderen« stellen. Diese praktischen Ratschläge gab Papst Franziskus in der heiligen Messe am 19. Juni, die er wie gewohnt morgens in der Kapelle des Gästehauses Santa Marta feierte.

»Jesus widmet sich erneut einer Katechese, die ihm sehr am Herzen liegt: der Katechese über den Reichtum«, bemerkte Franziskus einleitend in seinem Kommentar zum Tagesevangelium (Mt 6,19-23). »Sein Rat ist sehr klar: ›Sammelt nicht Schätze hier auf der Erde!‹« Jesus gebe auch den Grund an: »Wo Motte und Wurm sie zerstören und wo Diebe einbrechen  und sie stehlen.« Und er sage uns damit, »dass es gefährlich ist, mit dieser Haltung des Anhäufens von Reichtümern zu liebäugeln«. Der Papst räumte ein, dass »an der Wurzel dieser Haltung der Wunsch nach Sicherheit« stehen mag. So als wolle man sagen: »Ich möchte in Sicherheit leben, und deshalb habe ich diese Ersparnisse.« Allerdings »sind die Reichtümer nicht unbeweglich wie eine Statue: Reichtümer haben die Tendenz zu wachsen, sich zu bewegen, Raum einzunehmen im Leben und im Herzen des Menschen«. Und »so wird derjenige, der Reichtümer ansammelt, um nicht Sklave einer Armut zu werden, zum Sklaven der Reichtümer «. Der Rat Jesu laute hier: »Sammelt euch nicht Schätze hier auf der Erde!« Im Übrigen, fügte der Papst hinzu, »fallen die Reichtümer auch in das Herz ein, nehmen es in Besitz und machen es korrupt. Und wegen dieser Haltung des Ansammelns von Reichtümern wird jener Mensch schließlich korrupt.«

Franziskus wies darauf hin, dass »Jesus in einer anderen Katechese über dasselbe Thema von einem Mann spricht, der eine gute Ernte eingefahren hat und dachte: Was soll ich tun? Ich werde meine Scheunen abreißen und größere bauen.« Aber der Herr sage: »Du Narr! Noch in dieser Nacht wird man dein Leben von dir zurückfordern.« Das, so der Papst, »ist ein zweites Merkmal dieser Gewohnheit: Jemand, der Reichtümer ansammelt, ist sich nicht bewusst, dass er sie zurücklassen muss.«

Im Tagesevangelium spreche Jesus »von Motte und Wurm. Aber was ist das? Es ist die Zerstörung des Herzens, die Korruption des Herzens und auch die Zerstörung der Familien«. Franziskus erinnerte auch an jenen Mann, »der zu Jesus kam, um ihm zu sagen: ›Sag meinem Bruder, er soll das Erbe mit mir teilen!‹« Und auch hier laute der Rat des Herrn: »Gebt Acht, hütet euch vor jeder Art von Habgier!« Jesus gehe im Abschnitt aus dem Lukasevangelium aber noch weiter: »Im anschließenden Absatz sagt er ganz klar: Niemand kann zwei Herren dienen; er wird entweder den einen hassen und den anderen lieben, oder er wird zu dem einen halten und den anderen verachten«, das heiße: »Ihr könnt nicht beiden dienen, Gott und dem Reichtum.« Das sei eine ganz klare Aussage, unterstrich Franziskus: »Es ist wahr: Wenn wir Menschen reden hören, die diese Haltung der Anhäufung von Reichtümern haben, dann werden sie sehr viele Gründe ›ins Feld führen‹, um sich zu rechtfertigen, sehr viele!« Allerdings »können diese Reichtümer keine Sicherheit für immer gewährleisten. Im Gegenteil, sie mindern deine Würde.« Und das gelte auch »für die Familie«: sehr viele Familien seien gerade wegen der Reichtümer gespalten. Mehr als das: »Auch dem Krieg liegt dieses zerstörerische, verderbliche Streben zugrunde«, so der Papst. In der Tat »gibt es derzeit weltweit zahlreiche Kriege, die aus Machtgier, aus Habgier geführt werden«. Aber »man kann dabei auch an den Krieg in unserem Herzen denken: ›Gebt Acht, hütet euch vor jeder Art von Habgier‹, sagt der Herr«. Denn »die Habgier geht weiter, geht immer weiter, immer noch weiter: Sie ist eine Stufe, sie öffnet die Tür, danach kommt die Eitelkeit – man hält sich für wichtig, hält sich für mächtig –, und schließlich gelangt man zum Stolz.« Und »von da aus kommen dann alle Laster, das erste aber ist die Habgier, der Wunsch, Reichtümer anzuhäufen«.

Franziskus erinnerte dann an »ein sehr schönes Sprichwort: Der Teufel erhält über die Geldbeutel Einlass«, bzw. »er schlüpft über den Beutel herein, was dasselbe ist: das ist das Portal des Teufels, und von da aus geht es dann zu allen Lastern weiter, durch diese alles andere als sicheren Sicherheiten«. Und »genau das«, so erläuterte der Papst, »ist die Korruption, die Motte und der Wurm, die uns vorantreiben«. Im Übrigen »ist das Anhäufen von Dingen eine charakteristische Eigenschaft des Menschen: Umtriebig sein und die Weltherrschaft erlangen kann auch eine Sendung sein.« Aber »was für Schätze soll ich anhäufen?« Die Antwort, die Jesus im heutigen Tagesevangelium gibt, ist eindeutig: »Sammelt euch Schätze im Himmel, wo weder Motte noch Wurm sie zerstören und keine Diebe einbrechen und sie stehlen.« Gerade »das ist der Kampf, den es Tag für Tag auszufechten gilt: Wie man gut die Schätze dieser Erde verwalten kann, damit sie am Himmel orientiert sind und zu Reichtümern des Himmels werden.« »Wenn der Herr einen Menschen mit Reichtum segnet«, so bekräftigte Franziskus, »dann setzt er ihn im Interesse des Gemeinwohls und des Wohls der ganzen Welt zum Verwalter ein«, und »nicht zu seinem eigenen Vorteil«. Aber »es ist nicht leicht, ein ehrlicher Verwalter zu werden, weil man stets der Versuchung der Habgier ausgesetzt ist, der Versuchung, eine wichtige Persönlichkeit zu werden: das ist es, was die Welt dich lehrt und was uns auf diesen Weg führt.«

Man solle dagegen »an die anderen Menschen denken, daran denken, dass das, was ich besitze, allen zur Verfügung stehen muss und dass ich nichts von den Dingen, die ich besitze, mitnehmen kann«. Und »wenn ich als Verwalter das, was mir der Herr gegeben hat, für das Gemeinwohl verwende, dann heiligt mich das, es macht mich heilig«. Aber »das ist nicht leicht«, räumte der Papst ein. So »sollen wir jeden Tag in unser Herz schauen, um uns zu fragen: Wo ist dein Schatz? In den Reichtümern oder in dieser Verwaltung, in diesem Dienst für das Gemeinwohl?«

Daher gelte: »Wenn ein reicher Mann sieht, dass sein Besitz für das Gemeinwohl verwaltet wird, und er in seinem Herzen und in seinem Leben so einfach lebt, als sei er ein armer Mann, dann ist dieser Mann heilig, dieser Mann geht auf dem Weg der Heiligkeit, weil seine Reichtümer allen Menschen zugute kommen.« Aber »es ist schwer, es ist, als spiele man mit dem Feuer«, fügte der Papst hinzu. Aus diesem Grund »beruhigen viele Menschen ihr Gewissen dadurch, dass sie Almosen geben, und das geben, was sie übrig haben«. Aber »das ist nicht der Verwalter: der Verwalter nimmt für sich, was übrig bleibt, und gibt, weil er das als seine Aufgabe sieht, alles den anderen Menschen«. In der Tat »besteht die Verwaltung des Reichtums darin, unablässig das eigene Interesse zu vergessen und nicht zu denken, dass diese Reichtümer uns das Heil schenken können«. Also »ist es in Ordnung, Besitz anzuhäufen, Schätze anzuhäufen, aber nur solche, die an der – wollen wir es einmal so bezeichnen – ›Börse des Himmels‹ gehandelt werden. Dort soll man Schätze anhäufen!«

Im Übrigen, so erläuterte der Papst, »hat der Herr in seinem Leben wie ein Armer gelebt, aber welch ein Reichtum!« Paulus selbst, so fuhr Franziskus mit Bezug auf die Erste Lesung fort (2 Kor  11.18,21-30) »lebte wie ein Armer, und was ist es, dessen er sich rühmte? Der eigenen Schwachheit. « Und »er hatte Möglichkeiten, er hatte Macht, aber stets im Dienst, im Dienst«. Insofern sei »im Dienst« in der Tat das Schlüsselwort. »Die Taufe macht uns untereinander zu Brüdern, um uns gegenseitig zu dienen, um uns der Dinge zu entäußern: nicht um dem anderen etwas wegzunehmen, sondern um uns selbst der Dinge zu berauben, um sie meinem Nächsten zu geben.«

Franziskus regte an, darüber nachzudenken, »wie unser Herz beschaffen ist, wie das Licht in unserem Herzen ist, wie das Auge unseres Herzens beschaffen ist: Ist es einfach, rein?« Denn der Herr sage, wiederum im Matthäusevangelium, dass dann »dein ganzer Körper hell sein wird«. Wenn »aber dein Auge krank ist, wenn es am eigenen Interesse hängt und nicht an die anderen denkt, dann wird es ein finsteres Herz sein.« Und genau »das machen die Reichtümer mit Hilfe der Laster und der Korruption: Sie lassen das Herz finster werden, wenn der Mensch an ihnen hängt.«

Der Papst schloss, indem er daran erinnerte, dass »in der Eucharistie der Herr, der sehr reich ist – unglaublich reich! –, arm geworden ist, um uns reich zu machen«. Gerade »durch seine Armut möge er uns diesen Weg lehren, auf Erden keine Reichtümer zu sammeln, weil sie korrumpieren«. Und »dass wir sie, wenn wir sie denn besitzen, nutzen wie ein Verwalter: im Dienst der anderen«.



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