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PAPST FRANZISKUS

FRÜHMESSE IM VATIKANISCHEN GÄSTEHAUS "DOMUS SANCTAE MARTHAE"

 

Wie man sein Herz behütet

Montag, 15. Juni 2015

 

aus: L'Osservatore Romano, Wochenausgabe in deutscher Sprache, Nr. 26, 26. Juni 2015

 

Gottes Zeiten begreifen, ein Herz haben, das frei ist von negativen Leidenschaften, um das Geschenk der Gnade empfangen zu können und nicht vom »Lärm« der Weltlichkeit erfasst zu werden. Papst Franziskus forderte im Lauf der Frühmesse, die er am Montag, 15. Juni, in der Kapelle des Hauses Santa Marta feierte, dazu auf, das eigene Herz zu behüten, um das Kommen Gottes zu bemerken.

»Letzte Woche«, so erinnerte der Papst am Anfang seiner Predigt, »haben wir über den Rat des Paulus und über unsere christliche Einstellung nachgedacht. Und auch über das, was Jesus seinen Jüngern empfiehlt: Das unentgeltlich weiterzugeben, was sie selbst unentgeltlich empfangen haben.« Es handle sich dabei, so erläuterte er, um die »Unentgeltlichkeit von Gottes Geschenk, die Unentgeltlichkeit der Erlösung, die Unentgeltlichkeit der Offenbarung, dass Jesus Christus der Heiland ist«. Und »das ist ein Geschenk, das Gott uns gegeben hat und das er uns weiterhin jeden Tag gibt«.

Heute, so merkte der Papst an, »kommt Paulus wieder auf dieses Thema zurück und schreibt im 2. Korintherbrief (6,1-10): »Wir ermahnen euch, dass ihr seinen Gnade nicht vergebens empfangt. « Das sei »die Unentgeltlichkeit Gottes«. Also dürfe man die Gnade nicht »vergebens empfangen«, sondern solle sie »gut empfangen, mit einem offenen Herzen«. Paulus füge hinzu: »Denn es heißt: Zur Zeit der Gnade erhöre ich dich, am Tag der Rettung helfe ich dir.« »Der Herr hat uns erhört und hat uns unentgeltlich seine Gabe geschenkt«, so bekräftigte der Papst, der dann noch die Worte des Apostels zitierte: »Jetzt ist sie da, die Zeit der Gnade.« Also »empfiehlt uns Paulus, den günstigen Augenblick nicht verstreichen zu lassen, jenen Augenblick, in dem uns der Herr diese Gnade schenkt, uns die Unentgeltlichkeit schenkt, das nicht zu vergessen: dass er sie uns geschenkt hat und sie uns auch in diesem Augenblick schenkt«.

In der Tat, so erläuterte Franziskus, »schenkt uns der Herr die Gnade zu allen Zeiten wieder, er schenkt uns diese Geste, diese Gabe wieder: die unentgeltliche Gabe«. Paulus fordere also dazu auf, die Gnade Gottes »nicht vergebens zu empfangen«, »denn wenn wir sie vergebens empfangen, dann geben wir Grund zum Anstoß«. Tatsächlich schreibe der Apostel: »Niemand geben wir auch nur den geringsten Anstoß, damit unser Dienst nicht getadelt werden kann.« Dabei handle es sich gerade um »den Anstoß, den ein Christ erregt, der sich als Christ ausgibt, der auch in die Kirche geht, der Sonntags zur Messe geht, der aber kein christliches Leben führt: der wie ein weltlicher Mensch oder wie ein Heide lebt«. Und »wenn ein Mensch so ist, dann erregt er Anstoß«. Im Übrigen, so sagte der Papst, »wie oft haben wir in unseren Stadtvierteln, in den Läden doch sagen hören: ›Schau dir nur diesen oder diese da an, geht Sonntags zur Messe, aber dann geht er/sie hin und tut dies, und das, und jenes…‹« Und das führe dazu, dass »die Menschen Anstoß nehmen«. Paulus spiele gerade hierauf an, wenn er dazu auffordere, die Gnade Gottes »nicht vergebens zu empfangen«.

Wie also »sollen wir die Gnade empfangen?« Vor allem, so erläuterte Franziskus, indem er erneut Paulus zitierte, im Bewusstsein, dass »der geeignete Augenblick jetzt ist«. Praktisch »müssen wir aufpassen, um die Zeit Gottes zu erkennen, dann, wenn Gott in unser Herz kommt«. In diesem Kontext »sagte der heilige Augustinus etwas sehr Schönes: ›Ich fürchte mich davor, dass der Herr vorübergeht.‹ – ›Warum hast du Angst, wenn der Herr gut ist?‹ ›Weil ich Angst habe, dass er vorbeikommt und ich es womöglich nicht bemerke, dass der Herr in dieser Prüfung, in diesem Wort, das ich vernommen habe, das mein Herz bewegt hat, in diesem Beispiel der Heiligkeit, in vielen Dingen, in dieser Tragödie, vorbeikommt.‹ « Der Papst unterstrich: »Der Herr kommt und gibt uns seine Gabe.« Aber es sei wichtig, »sein Herz zu behüten, um dieser Gabe Gottes Aufmerksamkeit zu schenken«.

Und »wie behütet man sein Herz?«, so fragte sich Franziskus weiter. »Man behütet es«, erläuterte er, »indem man jedes Geräusch entfernt, das nicht vom Herrn kommt, indem man viele Dinge entfernt, die uns den Frieden rauben.« Und »wenn man diese Dinge entfernt, diese unsere Leidenschaften, dann ist das Herz dafür vorbereitet, zu verstehen, wenn der Herr kommt, und ihn und seine Gnade zu empfangen«. Es sei also wichtig, »sein Herz zu behüten, das Herz vor unseren Leidenschaften zu bewahren«. Und »wir haben viele Leidenschaften«. Aber »auch Jesus spricht im Evangelium über unsere Leidenschaften«. Franziskus wiederholte vor allem die Worte des Matthäus im Tagesevangelium (5,38-42): »Ihr habt gehört, dass gesagt worden ist: Auge für Auge und Zahn für Zahn. Ich aber sage euch: Leistet dem, der euch etwas Böses antut, keinen Widerstand, sondern wenn dich einer auf die rechte Wange schlägt, dann halte ihm auch die andere hin. Und wenn dich einer vor Gericht bringen will, um dir das Hemd wegzunehmen, dann lass ihm auch den Mantel. Und wenn dich einer zwingen will, eine Meile mit ihm zu gehen, dann geh zwei mit ihm.« Es gehe darum, so wiederholte der Papst, »frei von Leidenschaften zu sein und ein demütiges Herz zu haben, ein sanftmütiges Herz«. Und »das Herz wird behütet durch die Demut, durch die Sanftmut, niemals durch Kämpfe, durch Kriege«. Vielmehr »handelt es sich dabei um den Lärm: weltlichen Lärm, heidnischen Lärm oder den Lärm des Teufels«. Aber das Herz müsse »in Frieden« sein.

Aus diesem Grund, so fuhr Franziskus fort, indem er zu den Worten des Paulus an die Korinther zurückkehrte, sei es wichtig, »niemand auch nur den geringsten Anstoß zu geben, damit unser Dienst nicht getadelt werden kann«. Und er fügte hinzu: »Paulus spricht vom priesterlichen Amt, aber auch vom christlichen Zeugnis, damit es nicht kritisiert werde; und das in Frieden und Demut ›in Bedrängnis, in Not, in Angst, unter Schlägen, in Gefängnissen, in Zeiten der Unruhe, unter der Last der Arbeiten, in durchwachten  Nächten, durch Fasten‹«. »Das sind schlimme Dinge«, kommentierte Franziskus. Und gerade »davor soll ich mein Herz bewahren, um die Unentgeltlichkeit und das Geschenk Gottes empfangen zu können«. Aber »wie stelle ich das an?«, so fragte er sich. Die Antwort sei wiederum in den Worten des Paulus enthalten: »Durch lautere Gesinnung, durch Erkenntnis, durch Langmut, durch Güte, durch den Heiligen Geist.« Kurz, Raum schaffen für »Demut, Milde, Geduld, die nur auf Gott schauen, und ein offenes Herz haben für den Herrn, der kommt«.

Bevor er die Messfeier fortsetzte, bat der Papst den Herrn darum, »die Gnade Gottes nicht vergebens zu empfangen, Gottes Unentgeltlichkeit nicht vergebens zu empfangen, und zu diesem Zweck zu lernen, das Herz zu behüten«. Vor allem aber forderte er dazu auf, »die Muttergottes um die Gnade der Sanftmut, der Demut, der Güte zu bitten, die unser Herz so gut behüten, damit wir den Herrn nicht vorübergehen lassen, damit wir das Geschenk, die Gnade nicht vergebens empfangen, die uns der Herr schenkt«.



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