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PAPST FRANZISKUS

FRÜHMESSE IM VATIKANISCHEN GÄSTEHAUS "DOMUS SANCTAE MARTHAE"

 

Wenn der Herr übertreibt

 Dienstag, 3. März 2015

 

aus: L'Osservatore Romano, Wochenausgabe in deutscher Sprache, Nr. 11, 13. März 2015

 

Ausgehend von den Tageslesungen setzte Papst Franziskus seine Reflexionen zum Thema »Umkehr« fort. Nach der am Montag ausgesprochenen Einladung, »uns selbst anzuklagen, uns die Wahrheit über uns selbst einzugestehen, nicht unsere Seele zu schminken, um den Eindruck zu erwecken, besser zu sein, als wir es in Wirklichkeit sind«, hat der Papst in der heiligen Messe am 3. März in Santa Marta die »Botschaft der Kirche« noch weiter vertieft. Sie lasse sich an diesem Tag »in drei Worten zusammenfassen: die Einladung, das Geschenk und die ›Verstellung‹«. Eine Einladung, die, wie im Buch des Propheten Jesaja (1,10.16) stehe, gerade die Umkehr betreffe: »Hört das Wort des Herrn! Wascht euch, reinigt euch!«, das heißt: »Was in euch ist, ist nicht gut. Was schlecht ist, was schmutzig ist, muss gereinigt werden.« Angesichts der Mahnungen des Propheten: »Hört auf, vor meinen Augen Böses zu tun!«, »Lasst ab von eurem üblen Treiben! Lernt, Gutes zu tun!«, gebe es Menschen, die sagten: »Aber Herr, ich tue nichts Böses. Ich gehe jeden Sonntag zur Messe, ich bin ein guter Christ. Ich spende viel!« Aber Franziskus stellte die Frage: »Hast du in dein Herz geblickt? Bist du imstande, dich selbst anzuklagen angesichts all dessen, was du dort findest?« Wenn man die Notwendigkeit der Umkehr spüre, könne man sich fragen: »Aber wie kann ich umkehren?« Die Schrift gebe uns Antwort: »Lernt, Gutes zu tun!«

In der Tat könne man, so betonte der Papst, »den Schmutz des Herzens nicht so entfernen, wie man es mit einem Fleck tut: in die Reinigung gehen und sauber herauskommen. Man entfernt ihn, indem man etwas tut.« Die Umkehr bestehe darin, »einen anderen Weg einzuschlagen, einen anderen Weg als den des Bösen«. Eine weitere Frage: »Und wie kann ich das Gute tun?« Die Antwort hierauf gebe wieder der Prophet Jesaja: »Sorgt für das Recht! Helft den Unterdrückten! Verschafft den Waisen Recht, tretet ein für die Witwen!« Das seien Hinweise, so erläuterte Franziskus, die man in einer Wirklichkeit wie jener Israels wohl verstehen könne, wo »die Ärmsten und Bedürftigsten gerade die Waisen und die Witwen waren«. Für jeden Einzelnen von uns heiße das: Geh »dorthin, wo die Wunden der Menschheit sind, wo viel gelitten wird; und auf diese Weise wirst du, indem du das Gute tust, dein Herz reinwaschen. Du wirst gereinigt werden! So lautet die Einladung des Herrn.«

Umkehr heiße also, dass wir aufgefordert seien, den »Bedürftigsten« Gutes zu tun: »der Witwe, der Waise, den Kranken, den verlassenen alten Menschen, die von allen vergessen werden«; aber auch »den Kindern, die keine Möglichkeit haben, die Schule zu besuchen«, oder den Kindern, »die nicht wissen, wie man das Kreuzzeichen macht«. Denn, so der Papst mit tiefem Bedauern, »es gibt in einer katholischen Stadt, in einer katholischen Familie Kinder, die nicht wissen, wie man betet, die nicht wissen, wie man das Kreuzzeichen macht«. Und daher müsse man »zu ihnen gehen«, um ihnen »die Liebe des Herrn« zu bringen. Wenn wir das tun, so fragte sich der Papst, »was wird dann das Geschenk des Herrn sein?« Er »wird uns verwandeln«, so sagte er unter Verweis auf den Satz, in dem der Prophet Jesaja bekräftigt: »Wären eure Sünden auch rot wie Scharlach, sie sollen weiß werden wie Schnee. Wären sie rot wie Purpur, sie sollen weiß werden wie Wolle.« Selbst angesichts unserer Angst oder unseres Zögerns – »Aber Vater, ich habe viele Sünden! Ich habe sehr, sehr, sehr viele Sünden begangen!« – bestätige uns der Herr: »Wenn du auf diesem Weg kommst, auf den ich dich einlade, dann werden eure Sünden, wären sie auch rot wie Scharlach, so weiß wie Wolle.«

Der Papst kommentierte: »Das ist eine Übertreibung! Der Herr übertreibt, aber das ist die Wahrheit«, weil Gott uns angesichts unserer Umkehr »die Gabe seiner Vergebung schenkt« und »großmütig vergibt«. Gott beschränke sich nicht darauf, zu sagen: »Nun, ich vergebe dir bis zu diesem Punkt, alles Weitere werden wir sehen…« Ganz im Gegenteil: »Der Herr vergibt immer alles, alles!« Aber, so präzisierte Franziskus abschließend, »wenn du willst, dass dir vergeben wird«, dann musst du den Weg einschlagen, »der darin besteht, Gutes zu tun«. Im Anschluss an die Analyse der beiden ersten zu Anfang der Predigt angesprochenen Worte – der »Einladung«: mache dich auf zur Umkehr, geh, um Gutes zu tun; und dem »Geschenk«: »ich werde dir die größte Form der Vergebung schenken, ich werde dich verwandeln, ich werde dich absolut rein machen« – ging der Papst zum dritten Begriff über: der »Verstellung«.

Auf das Tagesevangelium (Mt 23,1-12) Bezug nehmend, in dem Jesus über die Schriftgelehrten und Pharisäer spricht, machte Franziskus darauf aufmerksam, dass »auch wir schlau sind« in unserer Eigenschaft als Sünder: »Wir finden immer einen Weg, der nicht der richtige ist, um uns den Anschein zu geben, gerechter zu sein, als wir in Wirklichkeit sind: es ist der Weg der Heuchelei!« Gerade darüber spreche Jesus im Tagesevangelium. Er »spricht über Menschen, die sich gerne damit brüsten, gerecht zu sein: die Pharisäer, die Schriftgelehrten, die zwar das Rechte sagen, aber das Gegenteil tun«. Diesen »Schlaumeiern «, so erläuterte der Papst, gefielen »die Eitelkeit, der Stolz, die Macht, das Geld«. Und sie seien »Heuchler«, weil »sie so tun, als kehrten sie um. Ihr Herz aber ist eine Lüge: sie sind Lügner.« Tatsächlich »gehört ihr Herz nicht dem Herrn. Es gehört dem Vater der Lüge: Satan. Und das ist die Heiligkeit des ›So-tun-als-ob‹.« Gegen dieses Verhalten habe Jesus sich stets ganz eindeutiger Worte bedient. In der Tat habe er »tausendmal« die Sünder den Heuchlern vorgezogen. Wenigstens »sagten die Sünder die Wahrheit über sich selbst: ›Herr, geh weg von mir, ich bin ein Sünder!‹« (Lk 5,8). Das, so erinnerte der Papst, habe »Petrus einmal« getan. Ein Eingeständnis, das dagegen den Heuchlern niemals über die Lippen käme, die zu sagen pflegen: »Gott, ich danke dir, dass ich kein Sünder bin, sondern dass ich gerecht bin« (vgl. Lk 18,11).

Das also seien die drei Worte, über die es in dieser zweiten Woche der Fastenzeit nachzudenken gelte: »die Einladung zur Umkehr; das Geschenk, das uns der Herr machen wird, und zwar eine große Vergebung«; und »die ›Falle‹, also ›so zu tun‹, als kehre man um und dabei den Weg der Heuchelei einzuschlagen«. Mit diesen drei Worten im Herzen könne man an der Eucharistie teilnehmen, »unserer Danksagung«, in der man »die Einladung des Herrn« höre: »Komme zu mir, esse mich! Ich werde dein Leben verändern. Sei gerecht, tu Gutes, aber bitte sei auf der Hut vor dem Sauerteig der Pharisäer: der Heuchelei«.

 



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