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PAPST FRANZISKUS

FRÜHMESSE IM VATIKANISCHEN GÄSTEHAUS "DOMUS SANCTAE MARTHAE"

 

Die Nahrung Jesu

 Dienstag, 27. Januar 2015

 

aus: L'Osservatore Romano, Wochenausgabe in deutscher Sprache, Nr. 6, 6. Februar 2015

 

»Beten, um den Wunsch zu spüren, nach Gottes Willen zu handeln, um den Willen Gottes zu erkennen und um, wenn man ihn erkennt hat, so zu leben, wie es dem Willen Gottes entspricht.« Diese dreifache Aufforderung war Gegenstand der Predigt des Papstes in der Frühmesse am 27. Januar, die er wie gewohnt in der Kapelle des Hauses Santa Marta feierte.

Franziskus ging vom Tagesgebet aus, in dem die folgende Bitte an den Herrn gerichtet wird: »Lenke unser Tun nach deinem Willen und gib, dass wir im Namen deines geliebten Sohnes reich werden an guten Werken.« Hervorgehoben würden vor allem die Worte »nach deinem Willen«, weil an diesem Tag »dieses Wort ›Wille‹, der Wille Gottes, sowohl die beiden Schriftlesungen als auch den Antwortpsalm prägt«.

Dies falle vor allem in der ersten Lesung aus dem Hebräerbrief (10,1-10) auf, die »die alttestamentarischen Opfer erläutert und zeigt, dass wir durch sie nicht gerechtfertigt werden können. Sie haben nicht die Macht, uns zu rechtfertigen, unsere Sünden zu vergeben. Sie sind nur eine Form des Gebets, das das Volk alljährlich darbringt, eine Bitte um Vergebung. Aber sie können uns nicht rechtfertigen, dazu haben sie nicht die Kraft.«

Zweitens komme der Wille in der Prophezeiung des 40. Psalms vor, den der heilige Paulus auf Christus beziehe, um zu erläutern, »wie der Weg der Rechtfertigung begonnen hat«. Tatsächlich, so betonte der Papst, »sagt Jesus bei seinem Eintritt in die Welt: ›Schlacht- und Speiseopfer hast du nicht gefordert‹ (Hebr 10,5), weil sie nur vorläufigen Charakter haben. Ich sage nicht: unnütz, sondern vorläufig. ›Doch einen Leib hast du mir geschaffen; an Brand- und Sühneopfern hast du keinen Gefallen. Da sage ich: Ja, ich komme, um deinen Willen, Gott, zu tun‹« (Hebr 10,5-7). Und »dieses Werk Christi – das In-die-Welt-Kommen, um Gottes Willen zu tun – ist es, das uns rechtfertigt. Er ist das Opfer: das wahre Opfer, das uns ein für alle Mal gerechtfertigt hat.« »Jesus kommt, um Gottes Willen zu tun, und sein Weg beginnt auf ebenso außerordentliche Weise wie er endet, am Kreuz.« In der Tat beginne er »mit seiner Selbstentäußerung«, wie Paulus im Philipperbrief (2,8) schreibe: »Er entäußerte sich. Er erniedrigte sich, wurde wie ein Sklave und war gehorsam bis zum Tod am Kreuz« (vgl. 2,7-8).

Folglich, so fuhr der Papst fort, »ist der Gehorsam dem Willen Gottes gegenüber der Weg Jesu, der hiermit beginnt: ›Ich komme, um deinen Willen, Gott, zu tun.‹« Und dies »ist auch der Weg der Heiligkeit, der Weg des Christen, weil gerade dies der Weg unserer Rechtfertigung gewesen ist: dass der Plan Gottes verwirklicht wird, dass Gottes Heil Wirklichkeit wird«. Im Gegensatz zu dem, was »durch den Un-Gehorsam Adams« im irdischen Paradies geschehen sei: durch diesen Ungehorsam, so führte Franziskus aus, der »der ganzen Menschheit das Böse gebracht hat«.

In der Tat »sind auch die Sünden Akte des Ungehorsams Gott gegenüber, Taten, die nicht dem Willen Gottes entsprechen. Der Herr hingegen lehrt uns, dass dies der Weg ist, es gibt keinen anderen. « Ein Weg, der »mit Jesus beginnt, im Himmel, mit der Bereitschaft, dem Vater gehorsam zu sein«. Auf »Erden beginnt er mit der Gottesmutter«, in jenem Augenblick, in dem sie zum Engel sage: »Mir geschehe, wie du es gesagt hast (Lk 1,38), dass also Gottes Wille geschehe. Und mit diesem ›Ja‹ zu Gott hat der Herr seinen Weg unter uns begonnen.«

Der Papst befasste sich noch weiter mit der Bedeutung, die es für Jesus habe, »Gottes Willen zu tun«. Das bezeuge auch die Begebenheit im Anschluss an die Szene mit der Samariterin. »Zur Mittagsstunde, in der Hitze dieser wüstenartigen Gegend« antworte Jesus auf die Aufforderung der Jünger, die zu ihm sagten: »Rabbi, iss!«: »Nein, ›meine Speise ist es, den Willen dessen zu tun, der mich gesandt hat‹ (vgl. Joh 4,31-34)«. Wodurch er zu verstehen gegeben habe, dass der Wille Gottes für ihn »wie Speise war, das, was ihm Kraft verlieh, das, was es ihm ermöglichte, weiterzumachen«. Es sei keineswegs ein Zufall gewesen, dass er dann den Jüngern erläutert habe: »Ich bin vom Himmel herabgekommen, um den Willen dessen zu tun, der mich gesandt hat (vgl. Joh 6,38), um ein Werk des Gehorsams zu vollbringen.«

Und doch, so merkte der Bischof von Rom an, sei es nicht einmal Jesus leicht gefallen. »Der Teufel hat ihm in der Wüste bei den Versuchungen andere Wege gezeigt«, aber es habe sich dabei nicht um den Willen des Vaters gehandelt, und »er hat ihn zurückgewiesen«. Dasselbe sei geschehen, »als Jesus nicht verstanden wird und sie ihn verlassen. Viele Jünger verlassen ihn, weil sie nicht verstehen, was der Wille des Vaters ist«, während »Jesus fortfährt«, diesen Willen zu tun. Eine Treue, die auch aus den Worten aufscheine: »Vater, dein Wille geschehe«, ausgesprochen »vor dem Urteil«, am Abend, als er am Ölberg zu Gott gebetet habe, damit er »diesen Kelch, dieses Kreuz« an ihm vorübergehen lasse. »Er leidet«, so kommentierte der Papst, »Jesus leidet sehr. Aber er sagt: Dein Wille geschehe.«

»Das ist die Speise Jesu, und es ist auch der Weg des Christen. Er ist uns vorangegangen und hat uns den Weg gezeigt für unser Leben. Es ist nicht leicht, den Willen Gottes zu tun, denn heutzutage werden uns viele Möglichkeiten auf dem Silbertablett angeboten: Tu das, es ist schon in Ordnung, es ist nicht schlecht.« Dagegen müsste man sich unverzüglich fragen: »Ist das der Wille Gottes? Wie kann ich den Willen Gottes tun?« Der Papst machte einen konkreten Vorschlag: »Als Erstes soll man um die Gnade bitten, beten und um die Gnade bitten, den Willen Gottes tun zu wollen. Das ist eine Gnade.«

Anschließend müsse man sich auch fragen: »Bitte ich den Herrn darum, mir den Wunsch zu schenken, seinen Willen zu tun? Oder suche ich nach Kompromissen, weil ich Angst habe vor dem Willen Gottes?« Überdies, so fügte er hinzu, müsse man »beten, um zu entdecken, wie der Wille Gottes im Hinblick auf mich und mein Leben aussehe, im Hinblick auf die Entscheidung, die ich jetzt treffen muss, im Hinblick darauf, wie ich vorgehe«. Zusammengefasst heiße das also: »Darum beten, den Willen Gottes tun zu wollen, und darum beten, den Willen Gottes erkennen zu können. Und wenn ich den Willen Gottes kenne«, dann müsse auch ein drittes Gebet folgen, »das Gebet, den Willen Gottes zu tun, der nicht der meine ist, sondern der Seine.«

Franziskus sagte, er sei sich bewusst, dass all das »nicht einfach ist«, und erinnerte in diesem Zusammenhang an die Begebenheit mit dem reichen jungen Mann, von der im Matthäusevangelium (19,22) und im Markusevangelium (10,17-22) berichtet werde: »Dieser sehr gute junge Mann, über den das Evangelium sagt, dass Jesus ihn liebte, weil er gerecht war. Jesus schlug ihm etwas anderes vor, und er hatte nicht den Mut dazu.« »Wenn der Vater, wenn Jesus uns zu etwas auffordert«, müsse man sich fragen: »Ist das Sein Wille?« Sicher, »es ist schwierig, und wir sind aus unseren eigenen Kräften nicht imstande, zu akzeptieren, was der Herr uns sagt«. Aber es gebe eine Hilfe, um das zu tun, und zwar das Gebet: »Herr, gib mir den Mut, gib mir die Kraft, weiterzugehen, dem Willen des Vaters entsprechend.«

Der Papst schloss mit einem Zitat aus dem Evangelium (Mk 3,34-35) und bat den Herrn um die Gnade, »dass er eines Tages von uns dasselbe sagen könne, was er über diese Gruppe, diese Menge gesagt hat, die ihm folgte, über die Menschen, die ihm zu Füßen saßen: ›Das hier sind meine Mutter und meine Brüder. Wer den Willen Gottes erfüllt, der ist für mich Bruder und Schwester und Mutter.‹ Den Willen Gottes zu tun, lässt uns Teil der Familie Jesu werden, es lässt uns Mutter, Vater, Schwester, Bruder werden.« Und so wünschte Franziskus, dass »der Herr uns die Gnade dieser Vertrautheit mit Ihm schenken möge«, eine Vertrautheit, die »gerade das bedeutet: den Willen Gottes tun«.

 



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