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PAPST FRANZISKUS

FRÜHMESSE IM VATIKANISCHEN GÄSTEHAUS "DOMUS SANCTAE MARTHAE"

  

Wir alle haben einen Schutzengel

 Donnerstag, 2. Oktober 2014

 

aus: L'Osservatore Romano, Wochenausgabe in deutscher Sprache, Nr. 42, 17. Oktober 2014

 

Wir alle haben einen Engel, der uns stets zur Seite steht, der uns nie allein lässt und uns dabei hilft, nicht vom rechten Weg abzukommen. Und wenn wir es verstehen, so zu sein wie die Kinder, dann gelingt es uns, der Versuchung zu entgehen, uns selbst zu genügen, einer Versuchung, die im Hochmut und auch in einem übertriebenen Karrieredenken gipfelt. Im Rahmen der Messe, die er am Donnerstag, 2. Oktober, in Santa Marta feierte, erinnerte Papst Franziskus am liturgischen Gedenktag der Schutzengel an deren entscheidende Rolle im Leben der Christen.

Es seien zwei Bilder – der Engel und das Kind –, die »uns die Kirche in der heutigen Liturgie zeigt«, so bemerkte Franziskus gleich zu Beginn. Vor allem das Buch Exodus (23,20-23) präsentiere uns »das Bild des Engels«, den »der Herr seinem Volk schickt, um ihm auf seinem Weg beizustehen.« In der Tat lese man: »Ich werde einen Engel schicken, der dir vorausgeht. Er soll dich auf dem Weg schützen und dich an den Ort bringen, den ich bestimmt habe.« Also, so kommentierte der Papst, »ist das Leben ein Weg, der an jenem Ort endet, den der Herr uns bestimmt hat.« Aber, so präzisierte er, »niemand geht allein: niemand!« Denn »niemand kann allein gehen.« Und »wenn einer von uns der Ansicht sein sollte, allein gehen zu können, dann würde er sich schwer irren« und »er würde in jenen sehr schwerwiegenden Irrtum verfallen, der im Hochmut besteht: zu meinen, groß zu sein.« Schließlich würde man dann auch in dieses Verhaltensmuster der »Überheblichkeit« verfallen, die einen dazu bringe, zu sich selbst zu sagen: »ich kann es, ich schaffe es selbst«.

Der Herr hingegen gebe seinem Volk einen ganz klaren Hinweis: »Geh, tu das, was ich dir sagen werde. Du gehst den Weg deines Lebens, aber ich werde dir eine Hilfe schicken, die dich unentwegt daran erinnern wird, was du tun sollst.« Und so »sagt er zu seinem Volk, wie es sich seinem Engel gegenüber verhalten soll.« Die erste Empfehlung laute: »Achte auf ihn.« Und weiter: »hör auf seine Stimme! Widersetz dich ihm nicht!« Deshalb müsse man es verstehen, ihn nicht nur zu »achten«, sondern zu verstehen, »zuzuhören« und »sich nicht zu widersetzen«. Im Grunde, so erläuterte der Papst, sei es jene fügsame Grundhaltung des Gehorsams, die dem Vater geschuldet werde, die zum Gehorsam des Kindes gehöre. Im Grunde handle es sich um »jenen Gehorsam der Weisheit, jenen Gehorsam, Ratschläge anzuhören und sich für den besten unter diesen zu entscheiden.« Und man müsse, so fügte er hinzu, »ein Herz haben, dass dafür offen ist, Rat einzuholen und anzuhören.«

Die Lesung aus dem Matthäusevangelium hingegen (18,1-5.10) präsentiere das zweite Bild, das des Kindes. »Die Jünger«, so sagte der Bischof von Rom über diesen Abschnitt, »stritten darüber, wer von ihnen der Größte sei. Es gab innere Kämpfe: das Karrieredenken. Diese Männer, die die ersten Bischöfe sind, waren durch das Karrieredenken versucht« und sagten untereinander: »Ich will größer sein als du!« Franziskus bemerkte hierzu: »Es ist kein gutes Vorbild, dass die ersten Bischöfe das getan haben, aber das ist die Wirklichkeit.«

Seinerseits »lehrt Jesus sie, wie man sich richtig verhalten« solle: er rufe ein Kind zu sich, stelle es mitten unter sie – so berichte Matthäus –, und verweise dadurch ausdrücklich auf die »Fügsamkeit, das Bedürfnis nach Rat, die Hilfsbedürftigkeit, weil das Kind gerade ein Zeichen für die Hilfsbedürftigkeit, die Fügsamkeit ist, um weiterzugehen.«

»Das ist der Weg«, so versicherte der Papst, und nicht jener, darüber zu befinden, »wer der Größte ist«. In Wirklichkeit, so bemerkte er, indem er die Worte Jesu wiederholte, »wird der der Größte sein«, der so werde wie die Kinder. Und an diesem Punkt stelle der Herr »diese geheimnisvolle Verbindung her, die man nicht erklären kann, die aber wahr ist.« In der Tat sage er: »Hütet euch davor, einen von diesen Kleinen zu verachten! Denn ich sage euch: Ihre Engel im Himmel sehen stets das Angesicht meines himmlischen Vaters.«

Franziskus merkte des weiteren an, dass es praktisch »so ist, als sage man: wenn ihr diese Fügsamkeit an den Tag legt, dieses Verhalten, den Lebensweg nicht alleine gehen zu wollen, dann nähert ihr euch dem Verhalten eines Kindes eher an und kommt dann der Betrachtung des Vaters näher.« »Gemäß der Tradition der Kirche haben wir alle«, so führte der Papst weiter aus , »einen Engel an unserer Seite, der uns beschützt, der uns die Dinge spüren lässt.« Im Übrigen, so gestand er, »wie oft haben wir sagen hören: ›Aber, das … ich sollte es so machen … das ist nicht in Ordnung … pass auf!‹ Gerade das sei »die Stimme dieses unseres Weggefährten.« Und wir könnten uns »sicher sein, dass er uns bis ans Ende unseres Lebens mit seinen Ratschlägen begleiten wird.« Deshalb müsse man »auf seine Stimme hören, uns nicht auflehnen.« »Die Auflehnung« hingegen, »den Wunsch nach Unabhängigkeit verspüren wir alle: es ist dieselbe Überheblichkeit, die unserem Vater Adam im himmlischen Paradies zu eigen war.« Daher lautete die Aufforderung des Papstes an alle: »Widersetze dich nicht, folge seinen Ratschlägen!«

In Wirklichkeit, so bestätigte der Papst, »geht niemand allein, und keiner von uns kann meinen, er sei allein: dieser Gefährte ist immer dabei. « Sicher, es geschehe, dass »wir dann, wenn wir nicht auf seinen Rat hören wollen, zu ihm sagen: ›Geh doch weg!‹« Aber »den Weggefährten wegzujagen ist gefährlich, weil kein Mann, keine Frau sich selbst Rat erteilen kann: Ich kann einem anderen Ratschläge erteilen, aber ich kann mir selbst keinen Rat erteilen.« Tatsächlich, so erinnerte Franziskus, »ist da der Heilige Geist, der mich berät, da ist der Schutzengel, der mich berät«, und deshalb »brauchen wir sie.«

Der Papst forderte dazu auf, »diese Lehre über die Engel« nicht etwa »bloße Phantasie« zu betrachten. Es handle sich vielmehr um »eine Realität «. Es sei »Jesus selbst, Gott selbst, der gesagt hat:  ›Ich werde einen Engel schicken, der dir vorausgeht! Er soll dich auf dem Weg schützen, damit du keine Fehler machst.‹« Abschließend regte Franziskus eine Reihe von Fragen an, damit sich jeder einer Gewissensprüfung unterziehen könne: ›Wie steht es um die Beziehung zu meinem Schutzengel? Höre ich ihn an? Sage ich morgens zu ihm: Guten Morgen?

Sage ich zu ihm: Behütest du mich im Schlaf? Spreche ich mit ihm? Bitte ich ihn um seinen Rat? Ist er an meiner Seite?« Auf diese Fragen, so sagte er, »können wir heute antworten«: Jeder von uns kann das tun, um zu überprüfen, »wie das Verhältnis zu diesem Engel ist, den der Herr geschickt hat, um mich zu beschützen und auf meinem Weg zu begleiten, und der immer das Antlitz des Vaters sieht, der im Himmel ist«.

 



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