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PAPST FRANZISKUS

FRÜHMESSE IM VATIKANISCHEN GÄSTEHAUS "DOMUS SANCTAE MARTHAE"

 

       In der Sakristei keine Bürokratie 

 Donnerstag, 8. Mai 2014

 

aus: L'Osservatore Romano, Wochenausgabe in deutscher Sprache, Nr. 21, 23. Mai  2014

 

Zuweilen gibt es negative Haltungen, die die Fügsamkeit gegenüber dem Ruf des Herrn, die den Dialog, der für die Lebenswirklichkeit des anderen aufmerksam ist, sowie die Kraft der Gnade verdunkeln, das heißt die drei grundlegenden Momente der Evangelisierung. Negative Haltungen, die in der Kirche konkret werden, wenn die »Bürokratie« sie einer »Firma« ähnlich werden lässt, die »Hindernisse produziert, um die Menschen von den Sakramenten fernzuhalten«.

In der heiligen Messe am Donnerstag Morgen, 8. Mai, in der Kapelle der Casa Santa Marta forderte der Papst auf, den Zugang zu den Sakramenten zu unterstützen. Der für die Verlesung in der Liturgie des Tages vorgesehene Abschnitt aus der Apostelgeschichte (8,26-40) zeige ganz klar die drei Momente der Evangelisierung. »Der erste «, erklärte er, »ist die Fügsamkeit von Philippus, der sich aufmacht, um Jesus Christus zu verkünden.« Er war gerade beschäftigt »in seiner Arbeit des Evangelisierens«, als »der Engel des

Herrn ihm sagt: Steh auf, lass dass und geh’ dorthin, auf jener Straße«. Und Philippus gehorcht, »er ist fügsam gegenüber dem Ruf des Herrn« und zögere nicht, »die vielen Dinge, die er zu tun hatte«, sein zu lassen und dorthin zu gehen, wohin der Herr ihn rufe. »Das macht uns klar, dass ohne diese Fügsamkeit gegenüber der Stimme Gottes niemand in der Lage ist zu evangelisieren, niemand Jesus Christus verkünden kann. Er wird höchstens sich selbst verkünden.«

Der Dialog, so fuhr der Papst fort, ist »der zweite Moment der Evangelisierung«. Die Apostelgeschichte berichtet, dass Philippus auf dem Weg, »einem Äthiopier« begegnet, »einem Kämmerer und Hofbeamten der Kandake, der Königin von Äthiopien«, einem Gebiet, in dem die Frauen regierten, bemerkte der Papst und erinnerte auch an »die Königin von Saba«. Dieser Mann »verwaltete den ganzen Schatz« des Reiches, ein wahrer »Wirtschaftsminister«. Und er befand sich auf dem Weg »nach Jerusalem, um Gott anzubeten, weil er Jude war«. Laut der Apostelgeschichte »saß er auf seinem Wagen und las den Propheten Jesaja«. Da »sagt der Herr zu Philippus: ›Geh und nähere dich diesem Wagen!‹« Als Philippus hörte, dass jener Mann »den Propheten las, nahm er seinen Mut zusammen und fragte ihn: Verstehst du auch, was du liest?« Das sei genau der Punkt, der uns zum »zweiten Moment des Evangelisierungsprozesses« führe: »zum Dialog«. Aber einen Dialog führen, das heiße nicht nur zu sagen, »was ich denke«, unterstrich der Papst, und zu fordern, dass der andere daran glaube. Der wahre Dialog dagegen »geht vom anderen aus: Du, der du das liest, verstehst du das?«

Kurz, der Evangelisierer ergreife die Gelegenheit zum Dialog, indem er vom anderen ausgehe, »sich klein macht, sich vor dem anderen demütigt. Er wird keine Ideen, Lehren vorschreiben «, indem er sage: »So liegen die Dinge!« Der echte Evangelisierer gehe dem anderen entgegen, »um das Heil Jesu anzubieten«, und er »tut dies voller Demut im Dialog« sowie mit dem Bewusstsein, dass »man nicht ohne Dialog evangelisieren kann« und dass man nicht vom Weg des Menschen absehen kann, »der evangelisiert werden soll«. Der Papst ging dann auf einen möglichen Einwand ein: »Ja, Pater, aber da verliert man viel Zeit, denn jeder hat seine Geschichte, seine Ideen…« Das sei wahr, auf diese Weise »verliert man Zeit«, aber sicherlich »hat Gott bei der Erschaffung der Welt mehr Zeit verloren! Und er hat sie gut gemacht!« Deshalb müsse man »mit dem anderen Zeit verlieren, denn jener Mensch sei derjenige, den du nach Gottes Willen evangelisieren sollst«, dem du »die Nachricht von Jesus« überbringen sollst. Und es sei auch wichtig, dass der Dialog mit der Person stattfinde »so wie sie jetzt ist« und nicht »wie sie sein sollte«.

Zum Text der Apostelgeschichte zurückkehrend wies der Papst darauf hin, dass der Dialog zwischen Philippus und dem äthiopischen Minister sicherlich lang gedauert haben müsse, wobei das Thema der Taufe im Mittelpunkt gestanden habe. Denn »als sie an einen Ort kamen, an dem es Wasser gab, sagte der Kämmerer: ›Hier ist Wasser. Was steht meiner Taufe noch im Weg?‹« Diese Feststellung, so der Papst, führe uns zum dritten Moment der Evangelisierung. »Dieser Mann spürte im Inneren die Macht Gottes«, und als er das Wasser gesehen habe, habe er den Apostel gefragt: Was steht meiner Taufe noch im Weg? Und Philippus, erklärte der Papst, habe ihn, ohne etwas zu sagen, aus dem Wagen aussteigen lassen »und ihn im Wasser getauft«. Wir stünden hier vor »der Kraft des Sakraments, der Kraft der Gnade«. So vervollständige sich auch der Prozess der Evangelisierung: Fügsamkeit des Evangelisierers, Dialog mit dem anderen und die Kraft der Gnade. Und »Philippus nimmt diesen Mann guten Willens, diesen guten Mann, und trägt ihn in die Hände Gottes, in die Hände der Gnade«.

Dieser dritte Moment der Evangelisierung veranlasste Papst Franziskus zu einer Überlegung »in Bezug auf die Frage, was dieser Wirtschaftsminister tut: Sieh, hier ist Wasser. Was steht meiner Taufe im Weg? Welches Hindernis gibt es noch, dass die Gnade zu mir kommt?« »Sehr häufig«, so fuhr der Papst in seinen Überlegungen fort, »halten wir die Menschen von der Begegnung mit Gott fern, halten wir die Menschen von der Gnade fern«, weil wir nicht den Zugang zu den Sakramenten erleichterten.

Die Apostelgeschichte fahre in der Erzählung fort und zeige das Ziel der Evangelisierung. Denn »als sie aus dem Wasser stiegen, entführte der Geist des Herrn den Philippus und der Kämmerer sah ihn nicht mehr« Das sei die Bestätigung, dass Gott in diesem Evangelisierungsprozess da war. Zum einen, so erklärte der Bischof von Rom weiter, »setzte der Kämmerer voller Freude seinen Weg fort«, zum anderen »befand sich Philippus dagegen in Aschdod und verkündete das Evangelium «. Das sei die Lehre: Jener Mann, der von weither kam, sei nicht sehr gebildet gewesen, er habe die Bibel gelesen, weil es ihm in der Synagoge so beigebracht worden sei. Aber er sei guten Willens gewesen und habe dann die Freue der Gnade gespürt, die Freude jener Gnade, »die umsonst geschenkt wird, die man nicht kaufen kann, weil sie nicht verkauft wird: sie wird geschenkt«. Und gerade »mit dieser Freude trägt jener Mann, der ein Eunuch und damit zeugungsunfähig war, den Samen des Lebens zu seinem Volk und bringt ein Volk von Christen hervor«. Später sollten auch Matthäus und Markus in jene Gegend gelangen, »um Gemeinden zu gründen«.

Der Abschnitt aus der Apostelgeschichte helfe uns, so der Papst, »besser zu verstehen, dass Gott in der Evangelisierung am Werk sei: ›Niemand kann zu mir kommen, wenn nicht der Vater, der mich gesandt hat, ihn zu mir führt.‹ Der Vater ist es, der zu Jesus führt.« Und der Papst fügte hinzu: »Bei anderer Gelegenheit hatte Jesus das zu Philippus selbst gesagt: Philippus, der Vater und ich sind eins.«

Abschließend lud der Papst dazu ein, »an diese drei Momente der Evangelisierung« zu denken: an »die Fügsamkeit dessen, der evangelisiert«, indem er den Willen Gottes tue, »den Dialog mit den Menschen«, so wie sie sind, und daran, »auf die Gnade zu vertrauen«, weil »die Gnade wichtiger ist als alle Bürokratie«. Gut nachdenken solle man auch über die Frage des Kämmerers: »Was steht meiner Taufe noch im Weg?« Und Franziskus bemerkte dazu: Sehr häufig sind wir in der Kirche einer Firma ähnlich, die Hindernisse produziert, damit die Menschen nicht zur Gnade finden. Der Herr möge uns dies verstehen lassen.«

 



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