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PAPST FRANZISKUS

FRÜHMESSE IM VATIKANISCHEN GÄSTEHAUS "DOMUS SANCTAE MARTHAE"

 

       Welche Art von Zeugnis gibt der Christ?

 Dienstag, 6. Mai 2014

 

aus: L'Osservatore Romano, Wochenausgabe in deutscher Sprache, Nr. 21, 23. Mai  2014

 

Das Wesen der Kirche besteht darin, für Christus Zeugnis zu geben. Würde die Kirche das nicht tun, so wäre sie am Ende nichts weiter als eine sterile »Religions-Universität«, die vom Wirken des Heiligen Geistes nicht durchdrungen werden kann. Das bekräftigte Papst Franziskus erneut im Verlauf der Frühmesse, die er am Dienstag, 6. Mai, in der Kapelle des Hauses Santa Marta feierte.

Seine Predigt über die Kraft dieses Zeugnisses ging aus von der Schriftlesung aus der Apostelgeschichte (7,51-8,1a), wo das Martyrium des heiligen Stephanus geschildert wird, das, wie der Heilige Vater erläuterte, »dem Martyrium Jesu in vielem ähnlich ist: die Eifersucht der Führer des Volkes, die versuchten, ihn ins Abseits zu stellen, die falschen Zeugen, dieses Urteil, das ein wenig hastig gefällt wurde«. Zu seinen ungläubigen Verfolgern sagte Stephanus: »Ihr Halsstarrigen, ihr, die ihr euch mit Herz und Ohr immerzu dem Heiligen Geist widersetzt.«

Und gerade »diese Worte«, so kommentierte der Papst, »hatte auf diese oder jene Art auch Jesus gesagt, auch ganz wörtlich: ›Eure Väter schon und nun auch ihr. Welchen der Propheten haben eure Väter nicht verfolgt?‹« In der Tat hatte Jesus sie getadelt, weil sie »den Propheten Monumente setzten, allerdings jenen Propheten, die ihre Väter getötet hatten«. Also sage »Stephanus, der vom Heiligen Geist erfüllt war, dieselben Worte wie Jesus«.

Die Verfolger, so merkte der Heilige Vater an, waren gewiss keine ruhigen Menschen, deren Herz im Frieden war. Ja, »diese Menschen trugen Hass in ihrem Herzen«. Die Apostelgeschichte berichtet: »Als sie das hörten, waren sie aufs äußerste über ihn empört und knirschten mit den Zähnen.« Also Menschen, die »voller Hass waren. Es ging nicht darum, ob sie mit dem einverstanden waren, was Stephanus predigte: sie hassten! « Und »dieser Hass«, so erläuterte der Papst, »wurde in ihrem Herzen vom Teufel selbst ausgesät. Es ist der Hass, den der Teufel gegen Christus hegt.«

Gerade »im Martyrium«, so fuhr Papst Franziskus fort, »ist dieser Kampf zwischen Gott und Satan ganz klar ersichtlich. Man sieht es an diesem Hass. Es war keine ruhige Diskussion.« Im Übrigen, so merkte er an, »ist es eine der Seligpreisungen, verfolgt zu werden, das Martyrium zu erleiden, das Leben für Jesus zu geben«. Deshalb »hatte Jesus zu den Seinen nicht gesagt: ›Ihr seid zu bedauern, wenn euch diese Dinge zustoßen sollten!‹ Nein, er hatte gesagt: ›Selig seid ihr, wenn ihr um meinetwillen beschimpft und verfolgt und auf alle mögliche Weise verleumdet werdet. Freut euch!‹«

Es ist also offenkundig, dass »Satan die Heiligkeit der Kirche ebenso wenig ertragen kann wie die Heiligkeit eines Menschen, ohne darauf zu reagieren. Und gegen Stephanus«, so sagte der Papst, »rief er im Herzen dieser Menschen Hass hervor, um ihn zu verfolgen, um ihn zu beleidigen, um alles erdenklich Schlechte über ihn zu sagen. Und so haben sie Stephanus getötet«, der »so starb wie Jesus, indem er vergab«. In der Tat stehe in der Apostelgeschichte: »Stephanus … betete und rief: Herr Jesus, nimm meinen Geist auf!« Dann wiederhole er »dasselbe Wort wie Jesus: ›Herr, rechne ihnen diese Sünde nicht an!‹« »Martyrium heißt im Griechischen ›Zeugnis‹«, so erläuterte der Papst. Und »so können wir sagen, dass für einen Christen der Weg auf den Spuren dieses Zeugnisses Jesu verläuft, um selbst Zeugnis von ihm zu geben«. Ein Zeugnis, das oft mit dem Opfer des Lebens ende: In der Tat »kann man einen Christen nicht verstehen, wenn er kein Zeuge ist und es kein Zeugnis gibt«.

Der zentrale Punkt, so argumentierte der Papst, liegt darin, dass das Christentum keine »bloße Religion der Ideen ist, nicht aus reiner Theologie, Ästhetik und Geboten besteht. Wir sind ein Volk, das Jesus Christus nachfolgt und das Zeugnis ablegt, das Zeugnis von Jesus Christus geben will. Und zuweilen geht dieses Zeugnis bis zur Hingabe des Lebens.«

In dieser Hinsicht sei der Bericht über das Martyrium des Stephanus sehr vielsagend. In der Tat fahre der Text aus der Apostelgeschichte fort: »An jenem Tag brach eine schwere Verfolgung über die Kirche in Jerusalem herein.« Also »brach, kaum dass Stephanus tot war, die Verfolgung gegen alle Christen aus«. Die Verfolger »fühlten sich stark: der Teufel flüsterte ihnen ein, diese gewalttätige Verfolgung ausbrechen zu lassen«.

Eine dermaßen brutale Verfolgung, dass »alle [Christen] in die Gegenden von Judäa und Samarien zerstreut wurden, mit Ausnahme der Apostel «. Gerade »die Verfolgung war der Grund dafür, dass die Christen weit weg gingen«. Und den Menschen, denen sie begegneten, »sagten sie den Grund« für ihre Flucht, sie »legten das Evangelium aus, legten Zeugnis ab für Jesus. Und so begann die Mission der Kirche. Viele bekehrten sich, als sie diese Menschen hörten.«

Der Bischof von Rom erinnerte in diesem Zusammenhang an das Wort eines Kirchenvaters: »Das Blut der Märtyrer ist Same für neue Christen. « Und das sei genau das, was geschehe: »Die Verfolgung bricht aus, die Christen werden zerstreut und predigen durch ihr Zeugnis den Glauben.

« Denn, so merkte der Papst an, »das Zeugnis ist immer fruchtbar«: Das sei so, wenn es im Alltagsleben geschehe, aber auch dann, wenn es unter schwierigen Umständen erfolge oder es gar zum Tod führe. Also sei die Kirche »fruchtbar und eine Mutter, wenn sie für Jesus Christus Zeugnis ablegt. Wenn sich die Kirche hingegen in sich selbst verschließt, wenn sie sich – sagen wir es einmal so – für eine Universität der Religion hält, mit vielen schönen Ideen, mit vielen schönen Gotteshäusern, mit vielen schönen Museen, mit vielen schönen Dingen, aber kein Zeugnis ablegt, dann wird sie unfruchtbar.« Dieselbe Überlegung, so fügte der Papst hinzu, gelte für den Christen: Wenn er »kein Zeugnis gibt, dann bleibt er unfruchtbar, ohne das Leben zu schenken, das er von Jesus Christus erhalten hat«.

Die Apostelgeschichte erläutere, »dass Stephanus vom Heiligen Geist erfüllt war«. Und in der Tat »kann man kein Zeugnis ablegen, wenn der Heilige Geist nicht in uns ist. In den schwierigen Augenblicken, wenn wir uns für den rechten Weg entscheiden müssen, wenn wir ›Nein!‹ sagen müssen zu vielen Dingen, die uns vielleicht in Versuchung führen, dann gibt es da das Gebet zum Heiligen Geist: er ist es, der uns stärkt, damit wir diesen Weg des Zeugnisses gehen können.«

Papst Franziskus erinnerte abschließend daran, dass sich aus den »beiden Bildern«, die Gegenstand der Schriftlesung waren – dem sterbenden Stephanus und den Christen, die überall Zeugnis ablegen –, für einen jeden von uns einige Fragen ergeben: »Wie ist mein Zeugnis? Bin ich ein Christ, der Zeugnis für Christus ablegt, oder bin ich nur ein ganz einfaches Mitglied dieser Sekte? Bin ich fruchtbar, weil ich Zeugnis ablege, oder bleibe ich unfruchtbar, weil ich nicht dazu imstande bin, zuzulassen, dass mich der Heilige Geist in meiner christlichen Berufung voranbringt?«

 



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