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PAPST FRANZISKUS

FRÜHMESSE IM VATIKANISCHEN GÄSTEHAUS "DOMUS SANCTAE MARTHAE"

 

       Auch heute noch wird im Namen Gottes getötet

 Freitag, 2. Mai 2014

 

aus: L'Osservatore Romano, Wochenausgabe in deutscher Sprache, Nr. 20, 16. Mai  2014

 

Papst Franziskus hat geweint, als er die Nachricht über jene Christen erhielt, die in diesen Tagen in einem nichtchristlichen Land gekreuzigt worden sind. Das verriet er selbst, als er am Freitag, 2. Mai, die Messe in der Kapelle des Hauses Santa Marta feierte. Auch heute noch, so sagte er, gibt es Menschen, die meinen, sie könnten sich der Gewissen bemächtigen und die so »im Namen Gottes töten und verfolgen«. Und es gibt Christen, die sich wie die Apostel »darüber freuen, gewürdigt zu werden, im Namen Jesu Schmach zu erleiden«. Gerade diese »Freude der christlichen Märtyrer « ist eines der »drei Bilder«, die der Papst vorstellte.

»Märtyrer«, so bekräftigte er, »gibt es heute viele: Man stelle sich vor, dass man in einigen Ländern nur dafür, dass man das Evangelium bei sich hat, ins Gefängnis kommt! Du kannst kein Kreuz tragen, sie lassen dich dafür ein Bußgeld zahlen! Aber das Herz freut sich.« Ein Bild, das der »Freude darüber, Zeugnis abzulegen«, das – wie gesagt – die Apostel mit den Märtyrern unserer Zeit vereint sieht. Und gerade die Predigttätigkeit der Apostel war das Thema, über das der Papst in seiner Predigt sprach, wobei er daran erinnerte, dass sie, als sie verhaftet und gegeißelt wurden, dennoch froh darüber waren, für den Herrn ein Zeugnis abgelegt zu haben.

Die beiden weiteren Bilder, die der Papst vorstellte, stellen Jesus in all seiner Liebe für die Menschen dar sowie die »Heuchelei der kirchlichen Würdenträger mit all ihren politischen Schachzügen«, die dazu dienten, das Volk zu unterdrücken. Die Schriftlesung aus dem Johannesevangelium (6,1-15) berichtet, dass »eine große Menschenmenge « Jesus folgte, »›weil sie die Zeichen sahen, die er an den Kranken‹ und an den vom Teufel Besessenen ›tat‹«. Diese Menschen seien ihm aber auch gefolgt, so erläuterte der Papst, »weil die Menschen von ihm sagten: Dieser spricht mit viel Autorität! Nicht wie diese anderen, die Schriftgelehrten, die Sadduzäer, all diese Leute, die reden, aber ohne Autorität zu haben«. In der Tat seien das Menschen gewesen, die keine so starken Argumente hatten wie Jesus«.

Und »stark nicht etwa deshalb, weil Jesus geschrien habe: stark in seiner Sanftmut, in seiner Liebe, stark durch jenen Blick«, mit dem der Herr »die Menschen ansah, mit sehr viel Liebe«. Die Stärke liege gerade in der Liebe: Das sei die Autorität, über die Jesus verfüge, und aus eben diesem Grund »folgte ihm das Volk nach«.

Gerade diese Bibelstelle, so bemerkte der Papst, lasse erkennen, »wie Jesus die Menschen liebt« und »an den Hunger der Menschen denkt: ›Wo sollen wir Brot kaufen, damit diese Leute zu essen haben?‹« Folglich »setzt sich Jesus mit den Problemen der Menschen auseinander. Es kommt ihm nicht etwa in den Sinn, beispielsweise eine Volkszählung vorzunehmen: Schauen wir einmal, wie viele Menschen uns nachfolgen, ist die Kirche gewachsen?« Jesus »spricht, predigt, liebt, begleitet, geht mit den Menschen«. Er ist »sanftmütig, demütig«. So sehr, dass »er, als die Menschen, die ein wenig von der Begeisterung dafür ergriffen werden, einen so guten Menschen zu sehen, der voller Autorität spricht und so sehr liebt, ihn zum König machen wollen, ihnen Einhalt gebietet. Und zu ihnen sagt: Nein, das nicht! Und weggeht.« Auf diese Weise half Jesus seinem Volk wirklich.

Papst Franziskus zitierte dann die erste Schriftlesung aus der Apostelgeschichte (5,34-42), die die Jünger dabei zeigt, »wie sie sich mit dem Hohen Rat auseinandersetzen, nachdem die Sadduzäer sie nach einer Krankenheilung verhaftet hatten«. Und er erinnerte daran, dass im Anschluss an die Heilung »der Hohepriester zusammen mit denen, die auf seiner Seite standen, also der Sekte der Sadduzäer, die von Eifersucht erfüllt waren, die Apostel verhafteten und sie ins öffentliche Gefängnis warfen.« Aber »wir wissen, dass der Engel die Apostel aus dem Gefängnis befreite«; und so gehen sie sofort hin, um im Tempel zu predigen. Die Reaktion des Hohenpriesters und seiner Anhänger besteht an diesem Punkt darin, die Apostel vor den Hohen Rat (den »Sanhedrin«) zu bringen.

»Ich möchte aber kurz bei diesem Wort einhalten «, so sagte der Papst: »voller Eifersucht«. Sie waren eifersüchtig, weil »sie es nicht ertrugen, dass die Menschen Jesus folgten. Sie ertrugen es nicht«, und deshalb »waren sie eifersüchtig«. Aber es handle sich dabei um »eine hässliche Haltung «: In der Tat gehe man von der Eifersucht dann über zum Neid.

Und doch, so fuhr er fort, »wussten diese Leute sehr genau, wer Jesus war, sie wussten es«. Im Übrigen »waren das dieselben Leute, die die Wache bestochen hatten, damit sie aussagen sollte, dass die Apostel den Leib Jesu geraubt hätten. Sie hatten dafür bezahlt, die Wahrheit zum Schweigen zu bringen.« Und »wenn man dafür bezahlt, die Wahrheit zu verbergen, dann haben wir es mit einer sehr großen Schlechtigkeit zu tun.« Auch das Volk habe gewusst, wer diese Leute waren, und tatsächlich folgten sie ihnen nicht nach. Statt dessen »ertrugen sie sie, da sie über Autorität verfügten: Die Autorität des Kultes, die Autorität der Kirchendisziplin jener Zeit, die Autorität über das Volk.«

Dagegen »folgte das Volk Jesus«, der den Mächtigen ganz klar und deutlich gesagt habe, dass sie »den Menschen ein schweres Joch aufbürdeten und auf die Schultern legten.« Machthaber, die die Sanftmütigkeit Jesu nicht dulden, die die Sanftmütigkeit des Evangeliums nicht dulden, die die Liebe nicht dulden und die gar so weit gehen, zur Befriedigung ihres Neides, ihres Hasses zu bezahlen.«

Das also seien die »beiden Bilder«, die einander gegenüberstünden. Das Bild des über das Volk gerührten Jesu, wie das Evangelium sagt, weil er die Menschen sah »wie Schafe ohne einen Hirten«. Und dann, auf der anderen Seite, »diese Leute da mit ihren politischen Schachzügen, mit ihren kirchlichen Manövern, mit denen sie weiterhin das Volk beherrschen wollen«. Eine Haltung, die gerade an der angeführten Stelle aus der Apostelgeschichte zu Tage tritt: »Sie riefen die Apostel herein und ließen sie auspeitschen; dann verboten sie ihnen, im Namen Jesu zu predigen, und ließen sie frei.« Kurz, so bemerkte der Papst, »sie mussten schließlich etwas tun« und sie hätten beschlossen: »Lassen wir sie gründlich auspeitschen, und dann ab nach Hause!«

Sie hätten eine Ungerechtigkeit begangen, weil sie sich für die »Herren über die Gewissen der Menschen« gehalten hätten und »die Macht in sich spürten, das tun zu können«. Und, so fügte der Papst hinzu, »auch heute noch gibt es auf der Welt viele dieser Art«, die sich so benehmen.

Gerade in diesem Kontext gestand Papst Franziskus, dass er geweint habe, als er die Nachricht über »Christen, die in einem bestimmten nichtchristlichen Land gekreuzigt worden sind«, erhalten habe. Ja, so bekräftigte er, »es gibt diese Leute auch heute noch, die im Namen Gottes töten und Verfolgung üben.« Aber »es gibt auch heute Menschen«, die dieselbe Einstellung wie die Apostel hätten, die, wie in der Apostelgeschichte stehe, »vom Hohen Rat weggingen und sich freuten, dass sie gewürdigt worden waren, für Jesu Namen Schmach zu erleiden.«

Und genau das sei »das heutige dritte Bild«, das der Bischof von Rom vorstellte: »Die Freude, Zeugnis abzulegen.« Es sei das Bild jener Christen, die sagen: »Wir haben Zeugnis für Jesus abgelegt, wir freuen uns, dass wir gewürdigt worden sind, für Jesu Namen Schmach zu erleiden.« Es seien drei Bilder, die ganz genau betrachtet werden müssten, da sie mit der zentralen Frage »unserer Heilsgeschichte« zusammenhingen.

Und am Ende seiner Reflexion wollte sie Papst Franziskus noch einmal wiederholen. Er zeigte »Jesus mit dem Volk«, seine Liebe, die »der Weg [ist], den er uns gelehrt hat« und »auf dem wir gehen sollen«. In Gegensatz dazu stehe »die Heuchelei dieser religiösen Würdenträger des Volkes, die das Volk mit vielen Geboten gefangen hielten, mit diesem kalten, harten Gesetzesdenken; und sie haben auch noch dafür bezahlt, die Wahrheit zu verbergen.« Ohne dass es ihnen deshalb aber gelungen sei, »die Freude der christlichen Märtyrer, die Freude zahlreicher Brüder und Schwestern« beeinträchtigen zu können, »die im Lauf der Geschichte diese Freude, diese Heiterkeit erfahren haben, für würdig befunden worden zu sein, im Namen Jesu Schmach zu erleiden.«

 



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